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Wie man Viren behindert

Die Medizinische Hochschule Hannover und das Helmholtz-Zentrum in Braunschweig arbeiten in Zukunft enger zusammen. Im gestern eröffneten Twincore-Zentrum will man erforschen, wie etwa Hepatitis C entsteht

Die Erforschung von Infektionskrankheiten ist an der Medizinischen Hochschule Hannover seit Jahren ein Schwerpunkt. Gemeinsam mit dem Helmholtz Institut Braunschweig haben die Forscher nun die Räume des ehemaligen Max-Planck Instituts für experimentelle Endokrinologie in Hannover bezogen und ihre Kompetenzen im neuen Twincore-Zentrum gebündelt. Dort will man vor allem Grundlagenforschung des Hepatitis-C-Virus‘ betreiben. Gestern wurde es offiziell eröffnet.

Drei der vier geplanten Professuren wurden mit Thomas Peitschmann, Tim Sparwasser und Ulrich Kalinke besetzt. Sie sind auf Infektionskrankheiten spezialisiert. Dazu kommen zwei klinische Forschergruppen. Die aktuelle Mitarbeiterzahl von insgesamt knapp 50 Wissenschaftlern werde sich noch verdoppeln, sagte Ulrich Kalinke, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums. Er nennt das als gemeinnützige GmbH gegründete Zentrum „revolutionär und einmalig“. Die Chancen, Grundlagenforschung in neue klinische Verfahren umzusetzen, seien deutlich gestiegen. Während die Zulassungsanträge für die Ersterprobung universitärer Einrichtungen in den letzten Jahren zurückging, ist Kalinke sicher, dass er dem Trend entgegensteuern kann.

Das Zentrum fokussiert vor allem die grundlegende Erforschung des Hepatitis C Virus‘. Weltweit wird geschätzt, dass zwei bis drei Prozent der Bevölkerung Kontakt mit dem Virus hatten. In Deutschland tragen eine halbe Million Menschen das Virus in sich. Meist verläuft die Krankheit milde; viele bemerken sie gar nicht. In 85 Prozent der Fälle verläuft die Infektion chronisch. „Es gibt derzeit keine optimalen Behandlungsmöglichkeiten“, berichtet Pietschmann. Die Forscher gehen derzeit der Frage nach, warum das Virus nur den Menschen und den Schimpansen als Wirt nutzen kann, Mäuse aber nicht. „Wir versuchen auf molekularer Ebene zu verstehen, auf welche zellulären Proteine es angewiesen ist und wie man das Virus behindern kann“, sagt Pietschmann.

Einer chronischen Hepatitis C-Erkrankung erzeugt in rund 20 Prozent der Fälle eine Leberzirrhose, die sich 20 bis 30 Jahre nach der Erkrankung vollständig ausbildet. „Je besser wir die Erkrankung in den Griff bekommen, desto weniger Leberkrebspatienten wird es geben“, sagt Kalinke.

Das Hepatitis-C-Virus wurde vor zwanzig Jahren erstmals identifiziert, das Forschungsfeld ist entsprechend groß. Jährlich erscheinen knapp 2.000 bis 2.500 neue Publikationen über die Krankheit auf den Markt.

JULIAN KÖNIG

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