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parkzonenVerkehrsplanung ohne Weitsicht

Der Bezirksbürgermeister von Mitte weiß es besser als die Wissenschaft. „Keine weiteren Parkzonen“, proklamiert Christian Hanke kompromisslos. Er widerspricht damit nicht nur den Experten vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), sondern auch Parteifreundin und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Beide wollen die Situation in den Quartieren innerhalb des S-Bahn-Rings nach und nach prüfen und dann über Parkuhren und Anwohnervignetten entscheiden. Das ist sinnvoll und wohl überlegt in einer Stadt, die sich täglich wandelt und deren Entwicklung längst nicht abgeschlossen ist.

KOMMENTAR VON KRISTINA PEZZEI

Die sogenannte Parkraumbewirtschaftung ist in zentralen Vierteln, in denen Menschen wohnen, arbeiten und einkaufen, vernünftig: Die Untersuchungen aus Berlin und anderen Städten decken sich darin, dass damit der Verkehr deutlich abnimmt. Die Menschen steigen eher auf Bahn und Bus um oder radeln zur Arbeit, ehe sie teuer parken. Anwohner finden leichter einen Parkplatz, und der Preis für die Vignette, 20 Euro für zwei Jahre, kann in Berlin schwerlich überteuert genannt werden.

In reinen Wohngebieten lohnt sich das System nicht, dort ist es auch nicht vorgesehen. Junge-Reyer dachte bei der Ausweitung eher etwa an die Lehrter Straße am Hauptbahnhof. Seit das Parken am Bahnhof kostet, ist die Straße eine willkommene, billige Ausweichmöglichkeit für zahlungsunwillige Fahrer. Sollte dieses Überschwappen überhand nehmen und die Anwohner strapazieren, muss das Schlupfloch gestopft werden: mit Parkuhren und Vignetten.

Wenn Hanke solche Chancen kategorisch ausschließt, mag das dem Wahlkampf geschuldet sein. In einer guten Woche ist Bürgerentscheid in Mitte, da geht es um die im Frühjahr in drei Zonen aufgestellten Parkuhren. Es zeigt indes, was Politik nicht sein sollte: kurzfristig, populistisch und wider die Sachargumente. Von einem Bürgermeister darf mehr Perspektive erwartet werden.

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