: Bald ewiger Schlussverkauf in Deutschland
Justizministerin Brigitte Zypries will das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ liberalisieren
BERLIN taz ■ Fast alle Beschränkungen für Jubiläums-, Räumungs- und Schlussverkäufe sollen fallen. Mit diesem Ziel will Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG) novellieren. Bisher waren groß angelegte Billigverkäufe wie etwa die C&A-Rabattaktion zur Euro-Einführung verboten. Die Kunden sollten nicht ständig über psychologische Kaufanreize angelockt werden.
Akzeptiert waren im UWG nur Sonderangebote auf einzelne Waren sowie Sommer- und Winterschlussverkauf, Räumungsverkäufe und Firmenjubiläen – aber auch diese nur alle 25 Jahre. Zypries hält das grundsätzliche Verbot von „Sonderveranstaltungen“ allerdings für unzeitgemäß. „Damit wird den Verbrauchern mehr genutzt als geschadet“, erklärte die Ministerin gestern in Berlin. Nach dem Wegfall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung im Sommer 2001 sei es nur konsequent, auch das UWG zu liberalisieren.
Künftig sind Firmenjubiläen also jährlich möglich, und auch der Sommerschlussverkauf kann bald besser mit den örtlichen Schulferien abgestimmt werden. Selbst gegen Frühlings- und Herbstschlussverkäufe oder Billigwochen aus Anlass einer Fußball-WM ist dann nichts mehr einzuwenden.
Für den Handel hat die Liberalisierung nicht nur Vorteile. Wenn ständig und bei vielen Anbietern Rabattwochen stattfinden, dann könnte der Verbraucher schnell abstumpfen und die Werbewirkung verpuffen. Auch die Bündelung der Werbewirkung bei einheitlichen WSV- und SSV-Terminen droht verloren zu gehen. Das aber muss nicht so sein, meint Ministerin Zypries: „Der örtliche Handel kann sich ja absprechen und die Schlussverkäufe weiterhin gemeinsam durchführen.“
Doch Zypries will nicht nur liberalisieren. Künftig sollen Verbraucherverbände oder die Bad Homburger „Zentrale gegen den unlauteren Wettbewerb“ auch effizienter gegen windige Geschäftemacher vorgehen können. Im UWG soll die bisher nur im Straf- und Kartellrecht bekannte Möglichkeit der „Gewinnabschöpfung“ eingeführt werden. Typischer Anwendungsfall: Wer andere mit unverlangter Faxwerbung belästigt, die nur über teure 0190er-Nummern abbestellt werden kann, muss in Zukunft seinen Profit herausgeben, wenn er verklagt wird. Das Geld soll dabei an den Staat fließen, die klagenden Verbände erhalten nur ihre Aufwendungen ersetzt. Verbraucherstaatssekretär Mathias Berninger hatte jüngst mit Einnahmen „im Milliardenbereich“ gerechnet. Diese Hoffnungen machte Zypries gestern jedoch zunichte. „Wir wollen hier nicht den Staatshaushalt sanieren, sondern Missstände effizient abstellen.“ Die Ministerin outete sich dabei als Betroffene: Auch sie sei schon von nächtlicher Fax-Werbung geplagt worden.
Bei vielen weiteren Änderungen des Gesetzes will Zypries lediglich die bestehende Rechtsprechung im Gesetz verankern, So sollen etwa Sonderangebote in „ausreichender“ Menge verfügbar sein. Der jetzt vorgestellte Referentenentwurf soll im März ins Kabinett und eventuell im Herbst in Kraft treten.
CHRISTIAN RATH
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