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humboldthafenFalscher Ort für junge Wilde

Es ist keine Frage, dass Berlin einen Ausstellungsort für junge Kunst braucht. Die Stadt ist zum Mekka junger Künstler avanciert. Präsentiert werden ihre Werke auf Schauen aber in Wolfsburg oder Düsseldorf. Das mutet paradox an. Auch die Galerien in Mitte oder Kreuzberg ersetzen nicht einen zentralen Raum, in dem der Dialog und Diskurs über zeitgenössische Kunst ausgebreitet werden können. Und es gibt noch mehr Indizien für das Manko: Der Erfolg der „Zwischennutzung“ im Palast der Republik und als Folge die temporäre Errichtung des „White Cube“ bedeuten nur mehr, dass es an etwas fehlt.

KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGHER

Mit der Wahl, den Standort für die jungen Wilden am Humboldthafen zu errichten, begeht der Senat einen schweren Fehler. Rückt er doch das Image unabhängiger, avantgardistischer Kunst und Künstler in die gefährliche Nähe der Kommerzialisierung und des Spektakels.

Das Museum im Hamburger Bahnhof ist ein Highlight am Humboldthafen, Shows sind die Sammlungen Marx und Flick. Auch das geplante Museum eines Investors und Sammlers daneben wird die Beziehung und den Fetisch zwischen Kunst und Kommerz feiern. Und schließlich sind da die Heidestraßen-Galerien, die verführerisch locken. Wer Geld machen will, hat es da nicht weit. Wer sich mit seiner Kunst in Distanz dazu verhält, hat es schwer.

Soll doch Berggruen am Humboldthafen ausstellen – und verkaufen. Das passt zu Flick und Co. Und das ist auch gut so. Ein Raum für die junge Kunst aber hätte einen viel subkulturelleren Ort vertragen, ja nötig gehabt: nicht in einem aufgejazzten Bahnhofsviertel, wo es nicht einmal richtige Huren gibt, sondern dort, wo sich Kunst und Leben reiben. Damit soll weder einer falschen Künstlerkiez-Romantik noch einem Blumenmarkt-Idyll, wie es die Grünen für den Standort fordern, das Wort geredet werden. Aber einem Ort, der Subkultur verkörpert.

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