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Lobby hat umsonst gejammert

Bundesverfassungsgericht lässt Apotheker, Zahntechniker und Pharmagroßhandel abblitzen. Zwangsrabatte bleiben. Sparpolitik im Gesundheitswesen geht weiter

KARLSRUHE taz ■ Apotheker, Zahntechniker und Pharmagroßhandel werden von den Sparversuchen im Gesundheitswesen nicht ausgenommen. Sie hatten versucht, das Beitragssicherungsgesetz zu stoppen, das Neujahr in Kraft getreten ist. Doch das Bundesverfassungsgericht lehnte jetzt in mehreren Musterverfahren den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Konkret geht es vor allem um Zwangsrabatte. Die Kläger hielten sie für unverhältnismäßig, denn sie würden durch die Sparpolitik in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Karlsruhe zeigte sich von den düsteren Prognosen aber unbeeindruckt.

Dem Stuttgarter Pharmagroßhändler und Branchenführer GEHE sagten die Richter nur „geringfügige finanzielle Einbußen“ voraus; schließlich will er die Belastung durch die Rabatte an die Apotheken weitergeben. Auch mit den Zahntechnikern hatte Karlsruhe wenig Mitleid. Ein Unternehmergehalt von 150.000 Euro pro Jahr sei durchaus noch existenzsichernd, meinten die Verfassungsrichter. Und wenn einzelne Betriebe weniger erwirtschaften könnten, so liege das nicht unbedingt an Ulla Schmidts Sparpolitik.

Am meisten Verständnis erhielten noch die Apotheker: Ihr Zwangsrabatt wurde von derzeit 6 Prozent bei teuren Medikamenten ab 55 Euro auf 10 Prozent angehoben; außerdem müssen sie noch noch die Rabatte vom Großhandel auffangen. Aber auch hier reichten die Befürchtungen nicht aus, um das Gesetz bis zur endgültigen Entscheidung auszusetzen. Selbst bei den teuren Medikamenten verlören die Apotheken maximal die Hälfte ihrer „nicht unerheblichen“ Handelsspanne von 22 bis 30 Prozent. Selbst wenn einzelne Apotheken schließen sollten, wäre die Apothekendichte immer noch deutlich höher als in den 70er-Jahren, erklärte das Gericht. (Az.: I BVQ 51/02, 53/02, 54/02) CHRISTIAN RATH

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