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Unter billiger Flagge

Die Gewerkschaft ITF setzt sich für Seeleute auf Billigflaggenschiffen ein. Diese Woche führt sie in norddeutschen Häfen Kontrollen durch. Dabei geht es um Dumpinglöhne, aber auch um Sicherheitsmängel und verdreckte Kombüsen

In dieser Woche wird die Internationale Transportarbeiter Gewerkschaft (ITF) im Rahmen der Aktion „Baltic Week“ Kontrollen in norddeutschen Häfen durchführen. In Zusammenarbeit mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di sollen Schiffe untersucht werden, die unter Billigflagge fahren. „Wir wollen uns ein Bild von den Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord machen“, sagt Barbara Ruthmann von Ver.di.

In Schleswig-Holstein würden 25 ITF-Inspektoren Schiffe aus so genannten Billigflaggenländern kontrollieren. Schwerpunkt seien der Lübecker Hafen sowie die Kieler Schleuse. In Mecklenburg-Vorpommern seien 14 Kontrolleure unterwegs. Bereits seit 50 Jahren betreibt die ITF eine Kampagne gegen die Ausbeutung von Seeleuten an Bord von Billigflaggenschiffen. Die Gewerkschaft wirft vielen Reedern vor, zu niedrige Löhne zu zahlen, die Arbeitszeiten zu überziehen sowie die Seeleute nur unzureichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Außerdem stellten die Billigflaggenschiffe ein technisches Risiko dar, weil allzu oft der Arbeitsschutz und die technische Wartung missachtet würden.

„Eine Billigflagge ist oft eine Flagge, wo die Sicherheit nicht so genau genommen wird“, sagt Ulrich Schmidt, Leiter der Schiffssicherheitsabteilung der Seeberufsgenossenschaft. Es komme vor, dass Rettungsboote verottet, die Kombüsen verdreckt sind oder gar gravierende Sicherheitslücken im nautisch-technischen Bereich von den Kontrolleuren entdeckt werden. „Der Strauß ist bunt“, sagt Schmidt über die große Vielfalt an Mängeln.

Aufgrund der strengen Kontrollen an deutschen Häfen sinke die Zahl der mangelhaften Billigflaggenschiffe jedoch kontinuierlich. Zudem bedeutet für Ulrich Schmidt das „Ausflaggen“ eines Schiffes nicht zwangsläufig das Herabsetzen der sozialen und sicherheitstechnischen Standards an Bord. Wenn ein deutscher Reeder ausflaggt, habe das „vor allem wirtschaftliche Gründe“, sagt er. Niedrigere Steuern und Sozialversicherungsabgaben seien die häufigsten Argumente für den Flaggenwechsel. Die Arbeitsbedingungen auf den Schiffen würden von diesem Sparkurs nicht notwendig beeinflusst.

Umgekehrt glaubt die ITF allerdings, dass die Registrierung unter einer Billigflagge Lohndumping erst möglich macht. Viele Reeder würden nach der Ausflaggung versuchen, die Personalkosten weiter abzusenken.

UTA GENSICHEN

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