: Bremens Sicherheit am Horn von Afrika
Die Bürgerschaft ist sich weitgehend einig: Die deutsche Marine soll vor der Küste Somalias Piraten bekämpfen dürfen
Was schlecht für die Seefahrt ist, das ist auch schlecht für Bremen. Piraten sind ohne Zweifel schlecht für die Seefahrt und so stellt ihr Wirken irgendwie auch einen Angriff auf die Hansestadt dar. Auf diesen Schluss lief die Diskussion zur Pirateriebekämpfung am Mittwoch in der Bürgerschaft hinaus. Mit Ausnahme der Linkspartei herrschte Einigkeit, dass somalische Seeräuber es schon bald mit dem deutschen Militär zu tun bekommen sollen.
Grüne und SPD hatten die Aktuelle Stunde wegen der Entführung des Frachters „BBC Trinidad“ des Bremer Reeders Nils Stolberg im August angesetzt. „Brandgefährlich für die Exportnation Deutschland“ seien solche Vorfälle, meinte der FDP-Abgeordnete Mark Ella. Der SPD-Politiker Martin Günthner hielt fest, dass die „Freiheit des Handels lebensnotwendig für die Exportnation Deutschland“ sei. Frank Willmann von den Grünen verwies auf die „Verantwortung für die Seeleute und ihre Familien“. Zwar ließen sich fast alle Redner auch über stabilisierende Maßnahmen für das vom Bürgerkrieg gebeutelte Somalia aus, doch im Fokus blieb die militärische Option. Der CDUler Paul Bödeker forderte gar, die Piraten sollten „mit allen Mitteln“ bekämpft werden.
Für Kontroversen sorgte, auf welche Weise die fälligen Waffengänge juristisch legitimiert werden. SPD und Grüne setzen auf einen Bundestagsbeschluss zur Beteiligung an einer EU-Mission. Diese soll sich auf die UN-Resolution 1816 stützen, die alle Mitgliedsstaaten zum Kampf gegen Piraterie aufruft. Das sei „möglich, aber nicht sauber“, kritisierte die CDU. Sie will eine Grundgesetzänderung, die es dem Militär erlaubt, Polizeiaufgaben zu übernehmen. Die FDP lehnt dies strikt ab. „Die CDU will die Verfassungsänderung nur, damit sie das Militär auch im Inland einsetzen darf“, argwöhnte der Liberale Ella. Für ihn reicht die bestehende Gesetzeslage aus: „Ein Befehl vom Verteidigungsminister genügt völlig,“ sagte Ella. Die von Deutschland ratifizierte Seerechtskonvention ermögliche bereits jetzt den Marineeinsatz gegen Piraten.
Die Linkspartei wollte von all dem nichts wissen: „Die deutsche Marine hat vor Somalia nichts zu suchen,“ sagte der Abgeordnete Walter Müller. „Wir sehen das höchst skeptisch, dass nur weil jetzt das Schiff eines Bremer Reeders entführt wurde, militärische Maßnahmen ergriffen werden sollen“, ergänzte sein Fraktionskollege Klaus-Rainer Rupp. Allenfalls ein Blauhelmeinsatz sei denkbar, aber nur, wenn Somalia selbst dies wolle.
Stolberg hatte die „Trinidad“ unter der Billigflagge des karibischen Inselstaats Antigua fahren lassen. Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler warnte jedoch davor, die Diskussionen zu „vermischen“. Auch der Grüne Willmann hielt eine „Flaggendiskussion“ für „nicht angemessen“, da „alle Schiffe“ geschützt werden müssten. SPD und FDP forderten Rückflaggung: „Die Reeder, die jetzt nach dem Staat rufen, sollen ihn auch in die Lage versetzen, entsprechend zu handeln,“ sagte der FDPler Ella. cja
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