: Feldmark wieder vor Gericht
Kläger hoffen erneut, Enteignungen in Osterholz verhindern zu können. Der Fall kommt sogar in die ARD – Titel der Sendung: „Pfusch in der Justiz“
taz ■ „Wir erwarten, dass das Oberverwaltungsgericht die Entwicklungssatzung für nichtig erklärt.“ Claus Aumund-Kopp, Eigentümer eines Hofes in der Osterholzer Feldmark, sieht der morgigen Verhandlung über die Bebauung des 250 Hektar großen Gebiets im Bremer Osten zuversichtlich entgegen. Nicht zum ersten Mal nämlich stehen die Pläne der Stadt zur Debatte, die Feldmark in eine Einfamilienhaus-Siedlung mit angegliedertem Landschaftspark zu verwandeln und dafür Aumund-Kopp und seine MitstreiterInnen zu enteignen. Beim ersten Prozess vor fünf Jahren wiesen die Bremer OberverwaltungsrichterInnen die Klage der GrundstückseignerInnen noch zurück; die BundesrichterInnen in Leipzig bestätigten das Urteil. Dann aber erklärte das Bundesverfassungsgericht die Urteile allesamt für nichtig. Begründung: Die VerwaltungsrichterInnen hätten Sachverhalte nicht ausreichend ermittelt und Angaben der Stadt nicht ordentlich geprüft.
Wegen der peinlichen Versäumnisse muss jetzt das ganze Verfahren um die Bebauung der Osterholzer Feldmark neu aufgerollt werden. Der mit dem Fall betraute Berichterstatter am Gericht, Hans Alexy, bestätigte, dass nicht nur der geplante Landschaftspark, sondern die komplette “Entwicklungssatzung“ einschließlich der Baugebiete zur Disposition stehe.
In einem Schreiben Ende letzten Jahres hatte Richter Alexy der Stadt noch Hinweise gegeben, wie sie das Verfahren zu ihren Gunsten „heilen“ könne. So hätte sie etwa die besonders strittigen Teile der Entwicklungssatzung – die Enteignung der ortsansässigen Bauern zugunsten privater Pferdekoppeln im so genannten Landschaftspark – zurücknehmen können. Auf diese Vorschläge sind die Planer offenbar nicht eingegangen. Kläger Aumund-Kopp: „Die Stadt ist von ihren ursprünglichen Plänen keinen Deut abgerückt.“
Der Skandal-Fall Osterholzer Feldmark hat inzwischen bundesweit Interesse geweckt. In der Sendung „Pfusch in der Justiz“ geht es um schlampige Urteile, richterlichen Machtmissbrauch und die Verquickung zwischen Justiz und Politik – ein Beispiel unter vielen ist die Sache Osterholzer Feldmark. Kläger Claus Aumund-Kopp behauptet, das bisherige Verhalten der Bremer RichterInnen sei „eindeutig politisch beeinflusst.“ So habe sich etwa der Berichterstatter im ersten Verfahren, selbst SPD-Mitglied und Studienkollege von Bürgermeister Henning Scherf (SPD), öffentlich als „politischer Mitgestalter“ bezeichnet. „Damit ist die Unabhängigkeit der Justiz weg“. Ein zweites parallel laufendes Verfahren ruht derzeit vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Der Kläger, ebenfalls Landbesitzer, hat angekündigt, nötigenfalls vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Auch Aumund-Kopp will nicht aufgeben, sollten die Bremer Richter morgen wieder der Stadt Recht geben. „Wenn es sein muss, gehen wir wieder nach Karlsruhe.“ Armin Simon
Verhandlung am Dienstag, 10 Uhr, Osterdeich 17. „Pfusch in der Justiz“, Mittwoch, 21.45 Uhr, ARD.
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