: Ein malerischer Krieg
Wenn der Nachrichtensender N 24 Waffentechnik erklärt, darf sich auch das US-Militär von seiner schönsten Seite zeigen. Heute Star bei „Technik Extrem“ (22.15 Uhr): der Tarnkappen-Bomber B2
von MARC BAUMANN
Der Sonnenuntergang am Persischen Golf ist malerisch. Zwei rot glühende Triebwerke heben ab in die Abenddämmerung. In kunstvollen Pirouetten tanzt die F-16 durch die Luft. Später, im Licht des Vollmonds, kehrt der Kampfjet zu seinem Flugzeugträger zurück. Bilder, fast zu schön, um aus einem Krieg zu sein. Aber zwischen Start und Landung lag ein Bombenabwurf.
Der Kampfjet hat sein Ziel getroffen, 1990, irgendwo im Irak, so viel erfährt man. Wen, das erfährt man nicht. In der Dokumentationsreihe „Technik Extrem“ des Nachrichtensenders N 24 geht es nicht um Opfer und Konflikte, sondern um die Ästhetik und die Faszination moderner Waffentechnik. Vorgeführt mit freundlicher Erlaubnis der US-Armee. Schützengrabenromantik schon bei den Titeln der Sendungen: „Flügel aus Stahl“ heißen die Porträts der besten Kampfflugzeuge der US-Armee, oder auch „Wächter der Nacht“. Gemeinsam gleiten sie durch das N24-Programmm, manchmal mehrmals täglich. Seit einer Programmreform im Dezember 2002 sind solche Dokumentationen bei N24 der dritte Sendeschwerpunkt neben Nachrichten und Wirtschaftsnews. Mehr als 1.600 Programmstunden aus Wissenschaft und Technik, Natur, Reise, Medizin, Kultur und Raumfahrt wurden vom Discovery Channel eingekauft.
Überwiegend laufen sie als harmlose bis schräge Programmfüller. Die Dokumentationen über Flugzeugträger, Panzer und Tarnkappenbomber der Reihe „Technik Extrem“ aber könnten aktueller nicht sein. Halbstündig werden sie unterbrochen von Kurznachrichten über den aktuellen Stand des Aufmarschs am Golf.
Eine gewagte Mischung, finden auch die Zuschauer. „Weltweit demonstrieren Millionen Menschen gegen einen Krieg“, klagt zum Beispiel eine Frau im N24-Forum (www.n24.de/community), aber der Sender bringe „anstelle einer angemessenen Berichterstattung darüber eine promilitärische, kriegsverherrlichende Waffenschau namens ‚Flügel aus Stahl‘ “. Sie könne „nur verbittert und verständnislos den Kopf schütteln“ und an die „hoffentlich noch vorhandene journalistische Verantwortung“ appellieren. – Beschwerden über „Technik Extrem“ sind eins der Hauptthemen im Forum.
„Wir begrüßen die Diskussion, und dass unsere Zuschauer kritisch sind“, sagt N24-Pressesprecher Thorsten Pütsch. Und der Vorwurf, dass hier Krieg verherrlicht werde? Die Dokumentationen über Waffentechnik seien weder einseitig noch kriegstreiberisch, sagt Pütsch – und passten eben in ein Nachrichtenumfeld, das von Krieg und Kriegsverhinderung bestimmt werde. Denn schließlich sei das Publikum des Nachrichtensenders mehrheitlich „hoch gebildet, männlich und Doku-affin. Diese Zuseher suchen Wissensformate“, so Pütsch – alle redeten von Waffentechnik, aber keiner wisse genau Bescheid.
„Flügel aus Stahl“ also als wichtiger Beitrag zur Irakberichterstattung. Die Dokumentationen laufen denn auch bei Themenabenden zum Irakkonflikt, zwischen Diskussionsrunden und einer Reportage der Korrespondentin aus Bagdad. Und genau in diesem Umfeld, zwischen politischen Argumenten und menschlichen Schicksalen, wirken die stählernen Flügel schlicht wie Kriegspropaganda: Die Kampfjets fliegen im ewigen Sonnenuntergang, Piloten sind coole Draufgänger mit schwarzer Sonnenbrille. Der Tarnkappenbomber B2 wird angekündigt mit den Worten: „Keiner wird sie hören, keiner wird wissen, dass sie da sind – bis es zu spät ist.“ Zu spät wofür eigentlich?
Sterben, Bombeneinschläge, Tote, all das hat keinen Platz, wenn es um die Faszination von Präzisionswaffen geht.
Und dass ein Film über den Alltag auf einem US-Flugzeugträger „ein Stück weit Patriotismus ausstrahlt, ist klar“, sagt N24-Pressesprecher Pütsch.
Nach dem Abspann von „Strike Force II“, noch einer Kampfflugzeug-Doku, sagt Moderator Hans Herman Gockel: „Abschreckung durch Kriegsmaschinerie – wenn das funktioniert, gibt es vielleicht bald keine Kriege mehr.“ N24 sei Dank.
Nächster Teil der N24-Waffenschau: „Technik Extrem: Panzer“ (Mo., 10. 3., 22.15 Uhr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen