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ANTI-DOPING-KONFERENZ: DER SPORT HOLT SICH DIE MACHT ZURÜCKDer Schulbub heißt jetzt Schily

Der König von Dänemark – sein Name war in den letzten Tagen nicht Hamlet, sondern Richard Pound. Sein oder Nichtsein, hieß es noch kürzlich für die Vertreter des Weltsports und vor allem für das Internationale Olympische Komitee (IOC). Das Pendel schien sich nach der Doping-Tour-de-France 1998 und der nachfolgenden Bestechungsaffäre um die Spiele von Salt Lake City bedenklich zum Nichtsein zu neigen. Doch da schmetterte der vierschrötige Kanadier Pound ein entschlossenes Sein, ließ die fragwürdigsten Gestalten aus dem IOC werfen und schwang sich damit zum Retter der olympischen Bewegung auf. Was ihm diese bei der Wahl zum IOC-Präsidenten, die Pound gegen Jacques Rogge verlor, später schlecht dankte. Genugtuung bekam er jetzt bei der Weltkonferenz gegen Doping in der dänischen Hauptstadt.

Mit der Durchsetzung des neuen Antidopingcodes, den sämtliche Weltverbände akzeptierten, hat sich die Welt-Antidopingagentur (Wada), deren Chef Pound ist, glanzvoll als zentrale Institution der Dopingbekämpfung etabliert. Und über der „Kopenhagener Erklärung“, der bereits gestern 73 Regierungen zustimmen wollten, müsste eigentlich als Leitmotiv stehen: Wir geloben, die Wada und ihren großen Vorsitzenden zu ehren, zu preisen und heilig zu halten in Ewigkeit!

Kam die erste Antidopingkonferenz vor vier Jahren in Lausanne noch einer Entmündigung der Funktionäre durch die Politiker gleich, ist die Macht des Sports jetzt wieder voll hergestellt. Damals trat ein Sportminister nach dem andern, unter ihnen auch Otto Schily, ans Rednerpult und watschte die Olympier ab wie ungezogene Schulbuben. Diesmal drehten Pound und Rogge den Spieß um. Unbotmäßigen Ländern drohten sie mit Olympiasperre, den Regierungen lasen sie wegen mangelnder Zahlungsmoral die Leviten. Als Gegenleistung für Mitsprache in der Wada hatte der schlaue Pound den Ministern eine fünfzigprozentige Beteiligung an der Finanzierung abgeluchst. Doch 2003 haben erst Australien, Neuseeland und die Niederlande gezahlt. Die Schulbuben sind heute Schily und Kollegen. MATTI LIESKE

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