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DAS ÖL, DER DROHENDE KRIEG GEGEN DEN IRAK UND DER BENZINPREISOberflächliches Geschrei

Es ist wieder so weit. Der Blutdruck steigt, „Benzinwut“ staut sich. 1,16 Euro an der Zapfsäule, ein neues Allzeithoch steht an. Noch nie war Benzin so teuer, ächzt AOL und portraitiert gleich die zehn sparsamsten Typen. Das hatten wir lange nicht. Bisher dominierten Durchzugskraft und „Sportlichkeit“: Wer hat den Größten unter der Haube. Jetzt sehen plötzlich Tiefergelegte und Rammstangen-Allradpanzer ziemlich alt aus. Das Gute: Die Ökosteuer ist diesmal unschuldig.

Die Benzinpreis-Debatte ist ein typischer Fall kurzsichtigen Geschreis der Headline-Gesellschaft. Trotz des allgegenwärtigen Slogans „Kein Blut für Öl“ machen sich aber auch die Kriegsgegner nicht die Mühe, die weltweite Ölversorgung nüchtern zu analysieren. Gebremst von den Beruhigungspillen der Ölkonzerne und eigenen Fehleinschätzungen der 70er- und 80er-Jahre wird das peinliche Thema tunlichst gemieden. Und Exxon trötet: „Das Ende des Ölzeitalters werden weder wir noch unsere Enkel noch deren Enkel erleben!“ Schön wär’s.

Fakt ist, dass wir die Hälfte der weltweiten Ölvorkommen verbraucht haben – 400.000-mal schneller, als sie entstanden sind. Fakt ist, dass die Zahlen über die realen Vorkommen geschönt sind. 26 Länder geben seit Jahr und Tag dieselben Reserven an, obwohl diese ständig ausgebeutet werden. Da die Bonität dieser Staaten – relevant für Kreditvergaben – nach ihrer Ressourcenlage bewertet wird, ist der Beschiss programmiert. Fakt ist auch, dass die Weltölförderung im dritten Jahr hintereinander zurückgegangen ist. Zudem ist in den letzten zehn Jahren dreimal mehr Öl verbraucht als neu entdeckt worden. Nicht die theoretische Reichweite der Vorräte ist relevant, sondern das Verhältnis von Förderungskapazität zum steigenden Weltverbrauch. Zumindest unsere Kinder werden erleben, dass der Ölpreis langfristige Knappheit widerspiegelt.

Bedrohlich ist nicht erst das Ende des Öls. Schon ein Barrelpreis von 50 Dollar würde die Industriegesellschaften mit ihrem Lebensstil zum Einsturz bringen. MANFRED KRIENER

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