piwik no script img

Kindersoldaten: UNO schimpft einmal im Jahr

Großdebatte im Sicherheitsrat erbringt keine Maßnahmen gegen Rekrutierer von Kindern in Kriegsgebieten

BERLIN taz ■ Im Kampf gegen den Einsatz von Kindersoldaten wird es keine schnellen Maßnahmen der UNO geben. In einer ganztägigen Sicherheitsratsdebatte zum Thema am Dienstag in New York vermied die Mehrheit der Redner konkrete Festlegungen. Stattdessen schlug einer nach dem anderen eine verbesserte Informationsgewinnung und eine regelmäßige Überprüfung der Lage vor – UN-Code dafür, ein heikles Thema auf die lange Bank zu schieben.

UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte in einem Bericht an den Sicherheitsrat gefordert, gegen Rekrutierer von Kindern schwere Sanktionen zu verhängen, von Reiseverboten und Waffenembargo bis zum Ausschluss aus Friedensprozessen und Regierungsstrukturen. In einer Liste von möglichen Betroffenen hatte er namentlich die Regierungsstreitkräfte von Birma, Burundi, Elfenbeinküste, Kongo, Liberia und Uganda sowie bewaffnete Gruppen aus diesen Ländern und auch aus Afghanistan, Kolumbien, Nepal, Nordirland, Philippinen, Somalia, Sri Lanka, Sudan und Tschetschenien genannt. Ende letzter Woche wies ein Bündnis internationaler Menschenrechtsgruppen, die „Coalition to Stop the Use of Child Soldiers“, in einem Bericht auf die Zunahme der Zahl von Kindersoldaten in der Demokratischen Republik Kongo, Liberia und Elfenbeinküste hin – drei Länder, in denen die UNO offiziell Friedensprozesse überwacht.

Der UN-Sonderbeauftragte für Kinder in bewaffneten Konflikten, Olara Otunnu, forderte angesichts all dessen zur Eröffnung der Debatte im Sicherheitsrat, dass jetzt die „Zeit des Handelns“ gekommen sei. Doch es kam anders. Der UN-Botschafter der USA forderte Annan auf, in einem Jahr eine neue Liste von Kinderrekrutierern vorzulegen. Der von Spanien schlug einen Konsultationsprozess vor, an dessen Ende ein Aktionsplan stehen könne. Der von Großbritannien meinte, ein solcher Plan könne bei der nächsten Sicherheitsratsdebatte zum Thema im nächsten Jahr beschlossen werden. Frankreich kündigte an, es arbeite an einem entsprechenden Resolutionsentwurf.

„Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Debatte ein jährlich wiederholtes Ritual wird“, sagte zwar der deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger – aber genau das ist der Fall. Hoffnungsvoll stimmt lediglich, dass die UNO im Begriff ist, in den genannten Problemfällen wie Kongo, Liberia und Elfenbeinküste ihr Handeln ohnehin neu zu definieren. Im Kongo ist die UN-Mission Monuc im Begriff, den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in die von zahlreichen Milizen mit Kindersoldaten durchsetzte Region Kivu im Osten des Landes zu verlegen und Demobilisierung anzubieten. In der Elfenbeinküste wird der UN-Sicherheitsrat am 4. Februar über die Entsendung einer Blauhelmtruppe entscheiden, zu deren Mandat auch die Überwachung der Demobilisierung von Milizen gehören wird. Diese Tätigkeit hat in Liberia bereits begonnen.

Liberia hält nach Schätzungen den Weltrekord in Sachen Kindersoldaten: 80 Prozent aller Bürgerkriegskämpfer sollen dort minderjährig sein. Der liberianische Fußballstar George Weah ist deswegen Sonderbotschafter des UN-Kinderhilfswerk Unicef geworden und traf zeitgleich mit der Sicherheitsratsdebatte in Liberias Hauptstadt Monrovia ein. Vor einer begeisterten Menge rief er: „Es wird keinen Krieg mehr geben. Die Kinder sollten ihre Waffen niederlegen und zurück zur Schule gehen.“ DOMINIC JOHNSON

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen