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Gruft-Affäre bedrängt Minister

Ein Schreiben des Finanzamts widerlegt die Darstellung von Ressortchef Faltlhauser, die bayerischen Behörden hätten die Grabstätte von Franz Josef Strauß gar nicht gepfändet

MÜNCHEN taz ■ Die örtliche Boulevardpresse dürfte der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) gestern gar nicht gern gelesen haben. „Minister lügt!“, prangte da in dicken Lettern auf der Titelseite der Münchener Abendzeitung. Damit hat die politische Posse um ein vom Finanzamt gepfändetes Grundstück, auf dem sich die Gruft der Familie Strauß befindet, ein weiteres Regierungsmitglied erreicht. Zuvor war bereits Ministerpräsident Edmund Stoiber in die Kritik geraten.

Faltlhauser könnte es härter treffen. Der Minister hatte sich am vergangenen Wochenende weit aus dem Fenster gelehnt, als er auf einer Pressekonferenz erklärte: „Die Gruft war nie gepfändet.“ Jetzt wurde ein Schreiben des Finanzamts an den Steuerberater der Strauß-Familie bekannt, der das Gegenteil beweist.

Mit Datum vom 5. Januar heißt es darin, die Familiengruft sei „mit einer Vollstreckungsmaßnahme belegt“. Sie gehörte zum gepfändeten Vermögen von Max Strauß, der wegen Steuerhinterziehung in Augsburg vor Gericht steht. Selbst wenn die Grabstätte an die Geschwister übertragen würde, so das Finanzamt, bleibe das Pfandrecht bestehen. Es könne nur „durch Zahlung des marktgerechten Wertes an das Zentralfinanzamt München“ ausgelöst werden.

Damit ist auch Faltlhausers weitere Darstellung widerlegt, wonach es sich nur um eine längst beschlossene Formalität gehandelt habe, als das Finanzamt in der vergangenen Woche die Pfändung der Grabstätte zurücknahm – als die Angelegenheit in die Schlagzeilen geraten war. Offensichtlich hatte das von Stoiber und der Presse aufgescheuchte Finanzministerium Druck bei der Behörde gemacht.

Unklar bleibt, ob Faltlhauser bewusst oder unwissentlich etwas Falsches gesagt hat. Schlecht sind beide Alternativen: Entweder steht er als Lügner oder als Trottel da. Franz Georg Strauß, Bruder von Max, spottete bereits: „Ich kann mir das nur damit erklären, dass er die Akten nicht gelesen hat.“ Politisch pikant: Das Schreiben des Finanzamtes dürfte die Familie den Medien zugespielt haben – dazu zählt aber auch Max’ Schwester Monika Hohlmeier, die als Kultusministerin gemeinsam mit Faltlhauser im bayerischen Kabinett sitzt. JÖRG SCHALLENBERG

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