: Skeptische Bremer
Nach der Kanzler-Rede: CDU mäkelt, Prof. Hickel mosert, SPD-Chef Albers eiert herum – nur Scherf lobt Schröder
taz ■ Gut zwei Monate vor der Bürgerschaftswahl äugten die lokalen Wahlkämpfer gestern skeptisch nach Berlin, wo Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seine Regierungserklärung zur Reform des Sozialstaats abgab. Bremens CDU-Granden waren sich in ihrem Fazit einig: Ein „großer Wurf“ sei die Rede „leider“ nicht gewesen, vergossen Landeschef Bernd Neumann und Finanzsenator Hartmut Perschau Krokodilstränen.
Der Bundeskanzler habe „Ansichten und Absichten verbreitet“, aber ein „schlüssiges Konzept“ vermissen lassen, kritisierte Perschau. Interessant sei für Bremen natürlich, dass Schröder die kommunale Finanzkraft zu stärken versprochen habe. Seine „Hinweise und Ansätze“ hierfür müsse der Kanzler jetzt aber „in ein präzises Konzept bringen“.
Schröder sei „in den meisten Dingen vage geblieben“, sagte Neumann, der jedoch „zwei Ansätze“ der Rede begrüßte: die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie die Verkürzung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld.
Ebendiese beiden Reformen wollen SPD-Landeschef Detlev Albers nicht so recht schmecken. Hier sei „noch Detailarbeit nötig, um akzeptable Lösungen zu erreichen“, eierte Albers herum: „Wir müssen das noch gründlich durchdenken, mit einfachen Formeln ist es nicht zu klären.“
„Keine Aufbruchstimmung“ erzeugen konnte der Bundeskanzler nach Ansicht des Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel. Im Grund werde „die bisherige Politik des Durchwurschtelns fortgeschrieben“, moserte der Professor. Ein uneingeschränkt positives Fazit der Schröder-Rede zog allein Bremens Bürgermeister. Der Kanzler habe „richtig mutig Brücken gebaut“ und die Opposition „zu gemeinsamen konsensfähigen Reformschritten eingeladen“, lobte Henning Scherf. jox
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen