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Walter-Tage bei den deutschen Banken

Chefwechsel bei der Dresdner Bank: Herbert Walter von der Deutschen Bank löst glücklosen Bernd Fahrholz ab

FRANKFURT taz ■ Es „waltert“ bei den deutschen Banken. Der noch amtierende Leiter des Privatkundengeschäfts bei der Deutschen Bank, Herbert Walter (49), der auch noch dem erweiterten Vorstand des deutschen Branchenleaders angehört, wird neuer Vorstandsvorsitzender der maroden Dresdner Bank. Die schloss das Geschäftsjahr 2002 – nach Mutmaßung von Analysten – mit einem Verlust nach Steuern von rund 1,6 Milliarden Euro ab. Die verheerende Bilanz wird heute in Frankfurt vorgestellt.

Herbert Walter löst Bernd Fahrholz (55) ab, der im April 2000 Bernhard Walter von dieser Spitzenposition verdrängt hatte. Bernhard Walter wurde das Scheitern der Fusionspläne der Dresdner mit der Commerzbank angelastet. Unter Fahrholz übernahm dann der Großaktionär Allianz die Dresdner Bank – für 24 Milliarden Euro.

Jetzt also soll es Herbert Walter von der Deutschen Bank bei der Dresdner für die Allianz richten. Herbert Walter ist übrigens nicht der Medien-Tycoon Norbert Walter. Der ist Volkswirt und Boss der Denkfabrik „Deutsche Bank Research“ (DBR) – und bleibt weiter bei der Deutschen Bank. Einen wie Norbert Walter könnte die Dresdner Bank im Überlebenskampf jetzt auch gar nicht gebrauchen.

Dafür aber einen Fachmann für das so genannte Retail-Banking. Denn die Zeiten, in denen die deutschen Banken noch gut bis sehr gut im Futter standen und das ungeliebte Geschäft mit den Privatkunden am liebsten ganz loswerden wollten, sind längst vorbei. Jetzt heißt es überall: „Kehrt – marsch!“

Bei der Dresdner jedenfalls avancieren die bislang so ungeliebten Filialen, deren Abbau jahrelang vehement betrieben wurde, jetzt zu „points of sale“ für die Versicherungs- und Altersversorgungsprodukte der Allianz. So will sich der auch nicht gerade auf Rosen gebettete Versicherungskonzern aktuell den teuren Aufbau anderer (eigener) Vertriebswege sparen. Für die Umsetzung dieses Konzeptes ist Herbert Walter genau der richtige Mann. Denn Walter war vor seiner Berufung zum Leiter des Privatkundengeschäfts der Deutschen Bank der Chef der Deutschen Bank 24, die sich (fast) ausschließlich dem Privatkundengeschäft widmet.

Im Gegenzug steht das Investmentbanking bei der Dresdner plötzlich zur Disposition. Die Allianz soll für diesen Geschäftsbereich einen Kooperationspartner suchen – oder einen Kaufinteressenten, so Analysten gestern. Dass jetzt auch Fahrholz von der Allianz geschasst wurde und durch Walter ersetzt wird, dürfte für viele ehemalige Mitarbeiter der Dresdner Bank Anlass sein, einen Piccolo zu entkorken. Der rigide Sparkurs von Fahrholz kostete schließlich rund 11.000 Bankangestellte ihren Job bei der Dresdner. Jetzt hat es ihn selbst erwischt.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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