piwik no script img

Kein Geld für gar nichts

Das alte Jugendheim Moorburg soll abgerissen werden. Das Hafenentwicklungsgesetz macht eine realistische Nutzung unmöglich. Ein „Runder Tisch Moorburg“ wehrt sich nun gegen die Abrissbirne

von Marco Carini

Und wieder stirbt ein Stück Geschichte. Das alte Moorburger Jugendheim, ein zweigeschossiges reetgedecktes Klinkerhaus, das so manche Moorburger HeimatPostkarte ziert, soll der Abrissbirne zum Opfer fallen. Die Hamburger Wirtschaftsbehörde, die das Klinkergebäude auf der alten Deichkrone des Moorburger Elbdeichs bis zum vergangenen Jahr als Bürogebäude nutzte, hat keine Verwendung mehr für das Haus, andere Nutzer scheiden weitgehend aus.

Das Gebäude mit rund 300 Quadratmetern Nutzfläche entstand in den 30er Jahren, als Jugendheim der Hitlerjugend, und wurde noch bis in die 50er Jahre als Jugendlandheim – mit angeschlossenem Schwimmbad und Fußballfeld genutzt. Schwimmbad und Fußballfeld gibt es schon längst nicht mehr, allein das Reetdach-Haus erinnert noch an vergangene Zeiten. Da Moorburg laut Hafenentwicklungsgesetz langfristig immer noch als Erweiterungsgebiet für Hamburgs maritimes Herzstück vorgesehen ist, soll dort jede neue Ansiedlung verhindert werden. So könnte das Gebäude planungsrechtlich nur für soziale Zwecke umgewidmet werden. Doch für einen Kindergarten etwa oder ein Haus der Jugend hat die Stadt kein Geld.

Der „Runde Tisch Moorburg/Hohenwisch“ fordert nun Liegenschaft und Wirtschaftsbehörde auf, auch eine gewerbliche oder eine Wohn-Nutzung des Hauses zuzulassen, um dieses zu retten. Mit potenziellen Investoren hat man bereits gesprochen, aber die engen Rechtsfesseln ließen bislang noch jeden Interessenten das Weite suchen.

Zudem müsste das alte Gebäude grundlegend renoviert werden. Die dafür veranschlagten Kosten liegen bei rund 200.000 Euro. Nur eine mietfreie Nutzung über die knapp 30 Jahre, die Moorburg noch gesetzlich davor geschützt ist, vom Hafen verschluckt zu werden, könnte eine solche Investition lohnend erscheinen lassen. Doch auch hier blocken Wirtschaftsbehörde und Liegenschaft bislang ab.

Manfred Brandt, Sprecher des Runden Tisches, sieht „kaum eine Chance, das Traditionshaus noch zu retten“, wenn die Behörden nicht mehr Flexibilität zeigen. Doch es könnte auch sein, dass die Behörden den Abriss sogar verhindern. Schon vor zwei Jahren etwa sollte ein stark beschädigter Anbau der Moorburger Schule abgebrochen werden – er steht noch heute. Der Schulbehörde fehlt nicht nur das Geld für die Renovierung, sie konnte auch den Abriss bislang nicht zahlen. So bleibt dann manches Moorburger Traditionshaus erhalten: als Ruine.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen