: Kurze Blockade der US-Airbase
Kriegsgegner protestieren vor dem US-Stützpunkt Spangdahlem
von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Der Vater nimmt seinen vielleicht sechs Jahre alten Sohn fest an die Hand und zieht ihn hinüber zu den Wachsoldaten der Bundeswehr vor dem „Maingate“ zur US-Luftwaffenbasis Spangdahlem: „Schau dir das an, mein Junge. Das sind unsere deutschen Soldaten. Die schützen die Massenmörder!“ Ein Soldat mit einer MP über der Schulter, der neben dem friedensbewegten Mann steht, verzieht keine Miene.
Ein Offizier kommt. „Sie sollten sich schämen!“, sagt er in ruhigem Tonfall zu dem erregten Vater. Die Bundeswehr schütze hier keine Massenmörder, sondern die Kameraden der Nato mit ihren Familien vor möglichen Terroranschlägen: „Sie als Pazifist sind doch generell gegen das Töten von Menschen. Da müssten sie unseren Auftrag hier doch eigentlich unterstützen“, argumentiert er weiter. „Oder sind die Amerikaner für Sie keine Menschen?“
Mit hochrotem Kopf räumt der Vater an diesem Samstagnachmittag des friedlichen Protestes von knapp 500 Kriegsgegnern das Feld. Der Rekrut verzieht noch immer keine Miene. Mit der Waffe im Anschlag sichert er jetzt seine Kameraden ab, die gerade einen Bus kontrollieren. Drinnen sitzen stämmige Tänzerinnen aus Schottland. Sie liefern am Abend in einem jetzt leeren Hangar und vor den Angehörigen der längst in den Irak abkommandierten Besatzungen der A-10-Bomber und F-16-Abfangjäger ihren kulturellen Beitrag zur Festigung der Waffenbrüderschaft zwischen Briten und US-Amerikanern. Zu diesem Zeitpunkt hatten die letzten Friedensdemonstranten ihre Blockadeaktion vor dem Haupttor zur Base gerade abgebrochen.
Nicht ganz freiwillig. Rund 50 Hartnäckige, die es auf ihren Isoliermatten eigentlich noch länger aushalten wollten, werden gegen 20 Uhr von der Polizei weggetragen. Die Beamten müssen nur einmal etwas energischer eingreifen. Am Nachmittag setzen sich einige Demonstranten „spontan“ auf die Zufahrtsstraße zur Airbase, sie versuchen, zwei Trucks der US-Armee an der Weiterfahrt zu hindern. Ein Arzt im weißen Kittel, der zuvor Fotos von Kindern, die im ersten Irakkrieg verstümmelt wurden, verteilt hatte, springt auf dem Dach eines der Sattelschlepper herum. „Das war nicht abgesprochen“, sagt Polizeisprecherin Monika Peters. Es kommt zu einem Gerangel mit der Polizei, ein junger Mann, der sich nicht wegtragen lassen will, wird leicht verletzt. Kurz darauf ist die Zufahrtsstraße wieder frei.
Sehr viele junge Leute aus der Region, aber auch Veteranen der Friedensbewegung aus ganz Rheinland-Pfalz, hatten sich schon gegen 15 Uhr mit originellen Plakaten und Transparenten zu der von der Trierer IG Metall angemeldeten und von der „AG Frieden“ organisierten Kundgebung vor der Base eingefunden. „Hinter jedem Bus(c)h steckt ein Terrorist!“, steht auf einem. Und auf einem anderen: „Amerikaner – denkt an Vietnam!“ Prominenteste Kundgebungsteilnehmerin ist die grüne Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken, die allerdings an der nach der offiziellen Kundgebung von der Gruppe „resist“ organisierten Blockade nicht teilnimmt. Die bleibt ohnehin ohne eine wirklich blockierende Wirkung. Denn längst hatten „die Amis“ ein Tor auf der anderen Seite der riesigen Basis geöffnet und die Polizei den Verkehr umgeleitet.
Hauptredner der Kundgebung ist Markus Pflüger von der „AG Frieden“. Der 35-Jährige nennt den „Überfall“ der USA und der Briten auf den Irak einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“. Er fordert die Bundesregierung auf, die deutschen Besatzungen der Aufklärungsflugzeuge in der Türkei und der Spürpanzer in Kuwait umgehend abzuziehen. Und weil die US-Luftwaffenstützpunkte Ramstein und Frankfurt am Main „wesentlich für Aufmarsch am Golf und den Kriegsnachschub“ seien, müssten den USA und Großbritannien auch die Überflugrechte über deutsches Territorium verweigert werden.
Noch schärfer kritisierte der Sprecher der AG Frieden die „peinliche Kriegstreiberei von Merkels CDU“. Im Gespräch mit der taz spricht Pflüger danach von einem „großen Erfolg der Friedensbewegung“. So viele Demonstranten seien schließlich noch nie zuvor in Spangdahlem gewesen. Allerdings: Die Bürger aus den kleinen Ortschaften direkt um die Basis sind nicht gekommen. Außer einer kleinen Gruppe aus Biensfeld, die aber ausschließlich gegen die Ausbaupläne für die Airbase protestiert – und gegen den Fluglärm.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen