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Abdul Khan legt ein Geständnis ab

„Vater der pakistanischen Atombombe“ gibt zu, Atomgeheimnisse an das Ausland verkauft zu haben

DELHI taz ■ Abdul Qadeer Khan, der „Vater der islamischen Bombe“, hat ein Bekenntnis abgelegt. Der Verbindungsmann des pakistanischen Militärischen Geheimdienstes ISI, General Shaukat Sultan, informierte am Sonntagabend Pakistans Öffentlichkeit, Khan habe gestanden, zwischen 1989 und 1991 nuklearwaffentechnische Zeichnungen, Komponenten und Maschinen an Iran, Libyen und Nordkorea geliefert zu haben. Im Fall Nordkoreas seien solche Lieferungen bis 2000 erfolgt. Khan habe behauptet, dies nicht aus Gewinnmotiven gemacht zu haben. Er wollte vielmehr den Druck des Westens auf Pakistan lockern, indem andere islamische Länder ebenfalls Atomwaffen erwarben.

Demgegenüber sei „die Regierung zum Schluss gekommen, dass Khan die Atomgeheimnisse zum Zweck persönlichen Gewinns an andere Länder verkauft hat“. Die Zeitung The News berichtete am Montag, die Regierung habe beschlossen, gegen Khan und sechs seiner, bereits inhaftierten, Mitarbeiter Anklage zu erheben. Khan, der unter Hausarrest steht, werde derzeit durch ein „massives Militärkontingent“ bewacht.

Khan hatte in den 70er-Jahren Blaupausen aus der Reaktorversuchsanstalt Urenco im niederländischen Almelo gestohlen und auf dem internationalen Schwarzmarkt Zentrifugen-Komponenten eingekauft, die es ihm erlaubten, Natur-Uran zu waffenfähigem Material anzureichern. 1998 führte Pakistan erfolgreich Atomtests durch. Heute soll es über drei Dutzend Atomsprengköpfe verfügen. Dieselben Kanäle halfen Khan, sein Wissen an andere Länder zu verschachern – mit Hilfe von drei Deutschen, eines Holländers und eines Sri-Lankers.

General Sultan behauptete, die Lieferungen seien eingestellt worden, nachdem Präsident Musharraf 2002 die „Nationale Kommandobehörde“ als oberstes Kontrollorgan eingesetzt habe. US-Zeitungen dagegen berichteten am Montag, laut US-Geheimdiensten hätten Transporte nach Libyen bis vor vier Monaten stattgefunden. Die Kontakte mit Nordkorea hätten bis August 2002 angedauert.

Die pakistanische Darstellung zeigt, wie sehr der Regierung daran gelegen ist, keinen Verdacht einer Mitwisserschaft von Präsident Musharraf aufkommen zu lassen. Beim Briefing am Sonntagabend wiesen die Beamten jede Verantwortung des Staates zurück, gaben jedoch einige Sicherheitsfehler zu. Ob es ihnen gelingen wird, die Armee aus der Affäre herauszuhalten, ist eine andere Frage. Khan soll vor einigen Wochen seine Tochter mit einer Videokassette ins Ausland geschickt haben, in der er er laut The News schwere Vorwürfe gegen pakistanische Offiziere erhebt. Musharraf, dessen politische Zukunft auf dem Spiel steht, wird sich gegen Ende der Woche in einer Fernsehansprache ans Volk wenden. BERNARD IMHASLY

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