piwik no script img

pampuchs tagebuchDer Endsieg von Aldi

Vielleicht besteht ja wirklich ein Zusammenhang. Schließlich ist der Krieg der Vater aller Dinge und Aldi die Mutter aller Materialschlachten. Auf jeden Fall haut das jüngste Aktionsangebot von Aldi voll rein. Wenn wir etwas brauchen können in diesen unübersichtlichen Zeiten, dann doch wohl das „PC-Multimedia-Entertainment-Communication-Design-Center“, das Aldi seit gestern auf den Markt wirft. Hat nicht die Berichterstattung auf allen Kanälen deutlich gemacht, dass der Krieg endlich ein vernünftiges Center braucht? Also zugreifen, aber schnell!

 Dass Aldi in seiner Superkiste – für ganze 1.179 Euro – auch noch ein „Communication-Design“ bietet, erfüllt uns jedoch mit gewisser Ratlosigkeit.

 Was das wohl ist? Es könnte aber sicher nicht schaden, wenn sich alle unsere Fernsehmoderatoren und -törinnen, Kriegsreporter, Talkshowfritzen und Militärexperten schnellstens den „Medion Titanium MD 8008 Intel Pentium 4 Prozessor 2,6 GHz“ alias „Aldi PCXL“ zulegen – und die kriegführenden Parteien vielleicht auch gleich mit. Könnte ja sein, dass es „Communication-Design“ ist, an dem es derzeit fehlt. Von Aldi lernen heißt auf jeden Fall siegen lernen: „Planung, Organisation und Detailarbeit“, das ist es, was Aldi ausmacht. So steht es ja auch auf ihrer tollen Webseite www.aldi.com. Der Erfolg gibt Aldi Recht. Und ohne gute Logistik ist sowieso alles sinnlos.

 Nichts gegen Flugblätter. Auch die Tageszeitungsbeilage „Aldi informiert“ hat immer noch ihre Funktion – um ehrlich zu sein, habe ich die Nachricht von dem neuesten Aldi-Computer aus diesen bunten Prospekten erfahren. Doch jetzt habe ich die Aldi-Webadresse entdeckt und bin frohgemut. Wer hat nicht schon erlebt, dass die besten Angebote weg sind, wenn er zum Laden eilt? Demütig bittet Aldi auf seiner Webseite um Verständnis dafür: Nicht jede Schlacht ist genau kalkulierbar.

 Doch vor leeren Regalen stehen, das muss nicht sein. Denn erstens gibt es ja nun die weit vorausschauende Webseite (am nächsten Montag: Tennisschläger!), und zweitens kann man sich von Deutschlands reichsten Billigladenbesitzern auch einen Newsletter mit den neuesten Aktionsangeboten per E-Mail zuschicken lassen. Wer will, den lotst ein eigener „Routenservice“ sogar zu jeder Aldi-Filiale des Landes. So ist das, wenn Profis eine Sache in die Hand nehmen. So ist das, wenn Discounter ins Web gehen.

 Natürlich gibt es bei aldi.com auch eine „Produktübersicht als Flashversion“. Wer die anklickt, bekommt einen Fließtext unten am Schirm wie wir es von CNN, n-tv und neuerdings – kriegsbedingt – auch von den Öffentlichen kennen. Nur dass es dabei nicht um Aktienkurse oder Kriegstote geht, sondern um den „probiotischen Fitnessdrink Vollfit“ zu 1,29 das Viererpack oder Olivia Flügelbinden, die 14- bzw. 20-Stück-Packung zu 1,25.

 Das neue „Entertainment Center“ mit dem langen Namen aber verspricht eine Steigerung: Die Zusammenlegung von PC und Fernseher: Gleichzeitig arbeiten und fernsehen auf einem Schirm! Das laufende Fernsehprogramm kann als Bildschirmhintergrund genutzt werden! Juchhe! Das heißt, endlich ist es möglich, Aldis Produktübersicht und CNN gleichzeitig zu gucken und dabei noch eine E-Mail zu schreiben, wie wohl man sich dabei fühlt. Damit dürfte auch das Geheimnis des „Communication Designs“ geklärt sein: Die visuelle Zusammenlegung von Bomben auf Bagdad und Olivia Flügelbinden als Flashversion. Danke, Aldi. Voll fit! THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen