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Frische grüne Pflänzchen für die zweite Reihe

Vize Lisa Paus will bei Neuwahl der Grünen-Fraktionsspitze nicht wieder antreten, Co-Vize Schruoffeneger ist noch unentschieden. Führungsduo Klotz/Ratzmann will weitermachen. Der Vorstand soll auf fünf Mitglieder wachsen

Die Grünen-Fraktion steht vor einem Wechsel ihrer zweiten Vorstandsreihe. Bei der Neuwahl der Fraktionsführung am kommenden Dienstag will die aktuelle Vizechefin Lisa Paus nicht wieder antreten, der zweite Vize Oliver Schruoffeneger war gestern noch unentschlossen. Fraktionschef Volker Ratzmann hatte anderes erwartet. „Ich gehe im Moment davon aus, dass alle aus dem derzeitigen Vorstand wieder antreten“, sagte er der taz noch Anfang Januar. Ratzmann selbst und Co-Chefin Sibyll Klotz wollen wieder kandidieren, der bisher vierköpfige Vorstand soll auf fünf Mitglieder wachsen.

Vor einem Jahr hatten die 14 Grünen-Abgeordneten ihre Fraktionsspitze nicht ohne Mühe umgemodelt. An die Stelle des nicht wieder angetreteten langjährigen Chefs Wolfgang Wieland wählten sie erst im zweiten Wahlgang Ratzmann. Auch Paus und Schruoffeneger benötigten weitere Wahlgänge. Das Ökolager der Fraktion bemängelte, Umweltthemen seien nicht im Vorstand vertreten.

Wer statt Paus und möglicherweise Schruoffeneger für die Vizeposten antritt, ist noch offen. Angeblich haben zwar intern mehrere Abgeordnete Bereitschaft angekündigt. Doch allein die umweltpolitische Sprecherin Felicitas Kubala, beim jüngsten Grünen-Landesparteitag führende Stimme des privatisierungskritischen Parteiflügels, bestätigte eine Kandidatur. Sie war bereits 2002, gleich nach ihrer Wahl ins Abgeordnetenhaus, vergeblich für den Vorstand angetreten. Ihre Kollegen Özcan Mutlu und Ramona Pop aber winkten auf Nachfrage genauso ab wie Claudia Hämmerling und Barbara Oesterheld.

Da ohne Schruoffeneger kein Haushälter im Vorstand säße, gilt es als plausibel, dass in diesem Falle Finanzpolitiker Jochen Esser antritt. Schruoffeneger begründete seine Bedenken mit der Arbeitsbelastung durch den Vorstandsposten.

Paus erklärte ihre Entscheidung als Ergebnis einer Interessenabwägung angesichts des angedachten Vizejobprofils. Sie will stärker in ihren Fachgebieten Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten und nach außen wirken, nicht als eine Art parlamentarische Geschäftsführerin nach innen. Die Personalfrage hatte die Grünen laut Ratzmann in den vergangenen zwei Wochen beschäftigt und war auch ein Thema bei der Fraktionssitzung am Dienstag.

Mit fünf statt bisher vier Mitgliedern der 14-köpfigen Fraktion als Vorstand hätten die Grünen die im Verhältnis größte Führungsriege aller fünf Parlamentsfraktionen. „Wir haben ja auch eine Menge wegzuarbeiten“, sagte Ratzmann gestern. Deshalb sei es sinnvoll, die Arbeit auf weitere Schultern zu verteilen. Als Schwerpunkte der künftigen Arbeit nannte er die Landesbeteiligungen, das durch das Volksbegehren verstärkte Thema Bankgesellschaft und die Hauptstadtfrage mit der Föderalismusdebatte. Dass Paus nicht wieder kandidieren will, mochte Ratzmann nicht kommentieren: „Das ist eine persönliche Entscheidung.“

Der Führungsumbau passiert vor einem gravierenden Wechsel in der Fraktion. Die beiden Dienstältesten, Wieland und Verkehrsexperte Michael Cramer, je gut 15 Jahre im Abgeordnetenhaus, verlassen Mitte Juni voraussichtlich die Fraktion. Cramer wechselt dann ins Europaparlament, falls die Grünen nicht im Vergleich zu jetzigen Umfragen stark einbrechen. Wieland will als Spitzenkandidat die brandenburgischen Grünen am 19. September ins Parlament bringen. STEFAN ALBERTI

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