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Mit neuen Ideen kämpfen sie für ihr Land

Die Guaranis haben von der Landlosenbewegung in Brasilien gelernt, haben Bündnispartner gefunden und zwingen den Staat zum Eingreifen. Die ebenfalls um das Land kämpfenden weißen Farmer sind bei dem Konflikt bis jetzt gewaltlos geblieben

AUS PORTO ALEGRE GERHARD DILGER

Iguatemi, eine ländliche Gemeinde im brasilianischen Mittelwesten. Die Mittagssonne brennt auf das weite, fruchtbare Land. Mit Traktoren und kleinen Lastwagen blockieren 500 weiße Farmer eine schmale Brücke. Sie wollen einer ebenso großen Gruppe von Guarani-Indianern den Weg in deren Dorf Porto Lindo abschneiden. Unter Kriegsgeheul stürmen mit Pfeil und Bogen, Stöcken, Macheten und alten Flinten ausgerüstete Guaranis auf die Blockade zu. Ihr berittener Anführer schwingt ein Buschmesser und schreit: „Schießt doch! Tötet uns doch! Dieses Land gehört uns!“ Die ebenfalls bewaffneten Farmer weichen zurück und verständigen die Polizei.

Der Zusammenstoß vor zwei Wochen endete glimpflich. Doch die Lage im Süden des Bundesstaates Mato Grosso do Sul bleibt angespannt. Ende Dezember hatten 3.000 Guaranis 14 Farmen besetzt, um ihrer Forderung nach Ausweitung des Reservats Porto Lindo Nachdruck zu verleihen. Statt der 1.600 Hektar Land, die ihnen 1928 zugestanden wurden, fordern sie 9.400 Hektar.

Mit 34.000 Mitgliedern sind die Guaranis die größte indigene Volksgruppe Brasiliens. Ihre Vorfahren bewohnten einstmals weite Teile des heutigen Südbrasilien und Paraguay. Im 20. Jahrhundert wurden sie von Farmern auf kleine, isolierte Parzellen abgedrängt. Ihre dramatische soziale Lage äußerte sich in den vergangenen 20 Jahren in einer unheimlichen Selbstmordserie: Mehr als 300 Jugendliche wählten den Freitod.

Nun haben die Guaranis die Methoden der Landlosenbewegung MST kopiert: Sie vermeiden es, einzelne Sprecher zu exponieren, lassen bei ihren Demonstrationen Kinder mitmarschieren und werden von engagierten Katholiken unterstützt.

Die Farmer, die seit Jahrzehnten Viehzucht, Zuckerrohrplantagen und Sojaanbau betreiben, halten dagegen. Vor Gericht erwirkten sie zunächst einen Räumungsbefehl. Den Staat wollen sie auf Entschädigung verklagen. Pedro Fernandes, einer ihrer Wortführer, kündigte gar „Selbstjustiz“ an.

Wie bei vielen Landkonflikten steckt die brasilianische Regierung in einer Zwickmühle: Einerseits gesteht sie den Indianern prinzipiell das Recht auf mehr Land zu, andererseits möchte sie es sich auch nicht mit den Farmern verderben. In Mato Grosso do Sul sympathisiert der Gouverneur, ein Parteifreund von Präsident Lula, offen mit den Großbauern.

Mit der überraschenden Landbesetzung haben die Guaranis neue Fakten geschaffen. Mércio Pereira Gomes, der die Indianerbehörde Funai in Brasília leitet, sicherte zu, bis Ende Februar ein anthropologisches Gutachten, das ihre Ansprüche auf das besetzte Land untermauert, zur offiziellen Grundlage der Politik in der Region zu machen. Sie räumten die 14 besetzten Farmen.

Bauernfunktionär Leôncio de Souza Brito lehnt das Abkommen ab: „Uns hat man nicht gehört.“ Die Farmer haben nun ihre Kollegen aus dem ganzen Bundesstaat zur Hilfe gerufen.

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