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Justizressort sieht doppelt

Der justizpolitische Sprecher der Grünen, Hermann Kuhn, findet Ungereimtheiten in den Berechnungen für die Knastsanierung. So soll dieselbe Anstaltsmauer saniert und neu gebaut werden

„Das ist eine unverschämte Täuschung der Öffentlichkeit“

taz ■ Eine „unverschämte Täuschung der Öffentlichkeit“ nannte der Noch-Bürgerschaftsabgeordnete Hermann Kuhn (Die Grünen) gestern die Informationspolitik des Justizressorts. Der Hintergrund: Justiz-Staatsrat Ulrich Mäurer (SPD) will alle Bremer Haftanstalten in einer großen zusammenlegen – anstatt die bestehenden für die Zukunft flott zu machen. Das Hauptargument: Eine gemeinsame Anlage ist auf lange Sicht billiger, weil weniger Personal gebraucht wird. Und um das durchzusetzen – so Kuhn – wurde auch mit Zahlen getrickst.

So hatte er sich als justizpolitischer Sprecher der Grünen und Mitglied des parlamentarischen Rechtsausschusses noch einmal die Berechnungen des Ressorts vorgenommen, die beweisen sollen, dass eine Sanierung fast so teuer ist wie ein Neubau. Und darin finden sich Ungereimtheiten. Ein Beispiel: Vier Millionen Euro soll der Neubau einer Mauer für die JVA Oslebshausen kosten. An anderer Stelle findet sich ein Eintrag für die „Sanierung der Anstaltsmauer Standort Oslebshausen“ (Kosten: drei Millionen). Die Kosten werden am Ende addiert. Warum dieselbe Mauer einmal neu gebaut werden und gleichzeitig saniert werden soll – diesen Widerspruch kann auch der ressorteigene Haushaltsexperte Manfred Wiegand nicht auflösen: „Das ist in der Tat merkwürdig.“

Merkwürdig findet der Grüne Kuhn auch die Tatsache, dass die Gesamtkosten für eine Sanierung der Anstalten innerhalb eines halben Jahres von 50 Millionen Euro auf 92 Millionen angewachsen sind. Die Begründung der Regierung: Man habe anfangs nicht miteinberechnet, dass man wegen einer bundeseinheitlichen Landesrichtlinie den Haftraum vergrößern müsse. Alles zum Wohle der Insassen, sagt Justizler Wiegand. Schließlich ginge es nicht an, dass das Klo mitten im Raum steht, wenn sich zwei oder mehrere Personen eine Zelle teilen. Dass die Insassen gegen solche menschenunwürdige Unterbringung klagen sei unwahrscheinlich, da es in Bremen gar keine Doppelbelegungen gebe, kontert Kuhn. Und: „In Oslebshausen steht immerhin ein ganzes Haus leer.“ Abgesehen davon gelte die Richtlinie nur für Neubauten.

Doch die Kritik Kuhns an den Zahlenspielen wird den Lauf der Dinge nicht mehr aufhalten. Im März hatte der Senat entschieden, die Anlage im Blockland noch in diesem Jahr zu schließen und Jugendliche und Frauen provisorisch in Oslebshausen unterzubringen. Und das, obwohl noch nicht klar ist, ob und wann der neue Großknast gebaut wird. Und mit welchem Geld. Über diese offenen Fragen wird nach den Bürgerschaftswahlen am 25. Mai gestritten. Sollte es wider Erwarten zu einer Regierungsbeteiligung der Grünen kommen, wird Kuhn aber nicht in den Koalitionsverhandlungen für die Trennung von Jugend- und Erwachsenenvollzug kämpfen können. Nach zwölf Jahren in der Bürgerschaft hatte er sich nicht mehr als Kandidat aufstellen lassen. Er hatte gestern seinen letzten öffentlichen Auftritt zum Thema „Knast im Sanierungsland Bremen.“ Eiken Bruhn

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