: Hamburger Intendanten-Poker
Schauspielhaus-Leiter Tom Stromberg verband die Vorstellung des Spielplans für die nächste Saison mit einem Angebot an die Stadt
Der Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, Tom Stromberg, hat der Stadt die Fortsetzung seiner Arbeit bis 2008 angeboten. Bei der Vorstellung des Spielplans für die kommende Saison 2003/2004 sagte Stromberg gestern, er mache dieses Angebot „voller Zuversicht und guter Laune“. Damit ging der Intendant im Dauerstreit mit Kultursenatorin Dana Horáková (parteilos) in die Offensive. Strombergs Vertrag läuft 2005 aus. Über eine Verlängerung muss in diesem Sommer entschieden werden.
Strombergs Erklärung erfolgte einen Tag nach der Entscheidung des Senats, den Vertrag mit Staatsopern-Intendant Louwrens Langevoort, der ebenfalls 2005 ausläuft, nicht zu verlängern. Im Februar hatte bereits Generalmusik-Direktor Ingo Metzmacher seinen Weggang aus Hamburg bekannt gegeben und dies mit heftiger Kritik an der Kulturpolitik des Mitte-Rechts-Senats verbunden. Langevoort warf der Kultursenatorin einen Mangel an Visionen vor und sprach von einem „Armutszeugnis“ für die Stadt.
Stromberg (43), der seit Sommer 2000 in Hamburg ist, war immer wieder wegen seines Programms und der schlechten Auslastung des Schauspielhauses kritisiert worden. Sein Angebot, bis 2008 zu bleiben, wurde vom Senat nicht direkt kommentiert. „Zu Personalentscheidungen in der Schwebe äußern wir uns nicht“, sagte der Sprecher der Kultursenatorin, Andreas Ernst.
In der neuen Spielzeit 2003/2004 planen Stromberg und sein Chefdramaturg Michael Eberth wieder zwei Uraufführungen im Großen Haus, der mit 1200 Plätzen größten deutschen Sprechbühne. Am 12. September hat Splatterboulevard II von René Pollesch in der Regie des Autors Premiere. Im April 2004 soll ein neues Stück von Ingrid Lausund uraufgeführt werden, deren Konfetti! bereits auf dem laufenden Spielplan steht.
Daneben sind Neuinszenierungen von Jean Genets Der Balkon und der Backchen von Euripides geplant. Stefan Pucher wird im April 2004 William Shakespeares Othello neu auf die Bühne bringen. Als erste Premiere wird am 6. September Anton Tschechows Drei Schwestern in der Regie von Jan Bosse zu sehen sein.
„Ich möchte ein Zeichen setzen für dieses Haus und auch nach Hamburg hinein, dass man hier nicht einfach kneifen kann“, sagte Stromberg zu seinem Angebot der Vertragsverlängerung. Er räumte ein, dass die Einnahmesituation des Hauses nicht zufrieden stellend ist. Gleichzeitig brauche das Theater aber mehr öffentliche Mittel. „Wir arbeiten seit zehn Jahren mit denselben Subventionen.“ Der Intendant kündigte ein „junges Abo“ für jüngere Theaterbesucher an. Er sei stolz darauf, dass bereits jetzt 35 Prozent aller Karten an Schüler und Studenten gehen.
Zu den umstrittenen Senatsplänen, den Spielbudenplatz in St. Pauli für etwa vier Millionen Euro nach einem Entwurf des US-Künstlers Jeff Koons neu zu gestalten, sagte Stromberg: „Mit so manchem Alleingang in der Kunst wird Geld ausgegeben, mit dem man die drei Staatstheater für Jahre sichern könnte.“
taz/lno
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