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Runde Sache mit Rollsplitt

Hamburger Rhönrad-Meisterschaften mit weltmeisterlicher Beteiligung,gebackenem Kuchen, mangelhaftem Belag und einer ofenlosen Halle

Hamburg taz ■ Auf Hamburgs längster Straße bestimmen normalerweise Vierräder das Bild. Am Samstag ist das zumindest an einer Ecke der Kieler Straße anders: Zwei vor der Schulsporthalle befestigte Rhönräder ziehen die Blicke auf sich. Wer selbst gebackenen Kuchen zum Verkauf in die Halle trägt, weiß dagegen, was los ist: Es finden die Hamburger Meisterschaften im Rhönradturnen statt.

In den beiden durch Sprossen verbundenen Stahlrohrreifen startet auch ein Weltmeister: Simon Knapp vom SV Rugenbergen, der sich 2003 bei der WM in Lillehammer drei Junioren-Titel erturnt hat. „Das Rhönrad ist eine ideale Kombination aus Bewegungskunst und Wettkampfsport“, preist der 16-Jährige sein Sportgerät.

Die Hamburger Meisterschaften leiden allerdings unter widrigen Bodenverhältnissen. Die Schulsporthalle ist mit äußerst weichem Belag versehen; der Schwung, den die Turner durch ihre Bewegungen im Rad erzeugen, wird ausgebremst. Beim Spiraleturnen, wenn das Rad auf nur einem Reifen gekreiselt wird, erweist sich die Schwerkraft bisweilen als zu stark und zieht die Sportler mitsamt Rad zu Boden. „Das ist, als ob du mit dem Motorrad eine enge Kurve fährst und Rollsplitt hast“, schimpft ein Aktiver.

Auch Simon Knapp muss seine Kür mehrfach abbrechen. Dafür gelingt ihm beim Sprung der Salto vorwärts mit ganzer Schraube – eine Übung, die der Rellinger weltweit als erster gezeigt hat. Nicht nur Knapp setzt globale Maßstäbe: Bei der WM 2003 durfte sich der Deutsche Turner-Bund über 15 von 17 möglichen Titeln freuen.

Doch die dreimal wöchentlich trainierenden Amateure müssen hartnäckig um Aufwandsentschädigungen kämpfen. „Für unsere Erfolge findet keine angemessene Förderung statt“, kritisiert die Hamburger Landesfachwartin Nina Zühlke, während es draußen schneit. In der Halle fehlt die Heizung. „Beim nächsten Mal bringen wir einen kleinen Ofen mit“, verspricht Christel Schmidt vom ausrichtenden SV Eidelstedt. folk

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