piwik no script img

Sieben zu eins gegen den Abstieg

Gegen den VfL Bochum reichte es Hertha BSC am Samstag nur zu einem 1:1-Unentschieden. In der Tabelle stehen die Berliner nun wieder auf dem vorletzten Platz. Doch Trainer, Angriff und die Konkurrenz, alles spricht gegen einen Abstieg. Fast alles

VON FRANK KETTERER

dpa hat es mal wieder gewohnt schnörkellos auf den Punkt gebracht. „Hertha droht der Abstieg“, stellte die Deutsche Presse Agentur nach dem 1:1 gegen den VfL Bochum am Samstag fest. Das kann man angesichts des nunmehr wieder vorletzten Tabellenplatzes zwar so sehen, muss man aber nicht. Und falsch ist es auf jeden Fall. Denn, und das steht fest: Hertha steigt nicht ab. Und die taz weiß auch warum.

Grund 1: Hans Meyer. Um’s gleich im Duktus von Hans Meyer zu sagen: „Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich nach Berlin gekommen bin, um meine lange Trainerkarriere mit einem Abstieg zu beenden? Ich bin jetzt über 60 und habe es noch nie leiden können abzusteigen. Gehen Sie also getrost mal davon aus, dass es ein Hans Meyer auch mit Berlin nicht tun wird.“

Grund 2: Marcelinho. Ist ja nicht prinzipiell neu in der Hauptstadt: Befindet sich Marcelinho in Form, ist auch Hertha zumindest nicht ganz schlecht. Und vielleicht ist das ein wenig das Grundübel der ganzen bisherigen Saison. Nach seinem Fußbruch, seiner ersten schweren Verletzung überhaupt, kam der quirlige Brasilianer nicht mehr so richtig in Tritt, sondern wurde gar zum großen Problemfall. Doch das scheint nun vorbei. Den Aufwärtstrend, den Marcello beim 3:1 in Hannover nicht nur wegen seiner ersten beiden Saisontore hatte erkennen lassen, setzte er gegen Bochum nahtlos fort. Wie er sich beim 1:0 gegen Kalla durchsetzte, war sehenswert; wie er nur eine Minute später den Freistoß ins Netz zirkelte, nicht minder, auch wenn Schiedsrichter Trautmann den Treffer aus unerfindlichen Gründen nicht gab. Dennoch: Mit so einem Marcelinho kann Hertha nicht absteigen.

Grund 3: Billy Reina. Endlich mal ein Neuzugang, der die Mannschaft auch verstärkt. Reina, in der Winterpause von Dortmund gekommen, ist wieselflink, zeigt sich stets kämpferisch und hat den Ball nicht unbedingt zum Feind, sondern kann durchaus mit ihm umgehen, was bei Hertha keine Selbstverständlichkeit ist. Damit hat sich das Kreativpotenzial im Team doch deutlich erhöht, vor allem im Verbund mit Marcelinho ist das Mittelfeld nun doch deutlich besser besetzt – und gefährlicher. Und in die Herzen der Fans hat sich Reina auch schon gespielt, man kann das hören, wenn er am Ball ist: „Billüüüüüü!“

Grund 4: Die Abwehr. In der Hinrunde mit 33 Gegentoren noch die Schießbude der Liga, hat sich das bei 10 Rückrundentoren in sechs Spielen schon rein statistisch deutlich verbessert. Kassierte die Hertha bis zur Winterpause 1,941 Tore pro Spiel, ist der Wert nun auf 1,666 Treffer pro Partie gesunken. Zieht man gar die vier Treffer zum Rückrundenauftakt gegen Bremen ab und wertet entsprechend lediglich die letzten fünf Spiele, kommt man, bei entsprechend sechs Toren, gar auf einen Wert von 1,2 Treffer pro Spiel. Das ist für eine Mannschaft der unteren Tabellenregion durchaus Durchschnitt.

Grund 5: Das Selbstvertrauen. Wieweit es damit her war, konnte man noch im ersten Spiel nach der Winterpause sehen. Selbst gegen Werder Bremen verkaufte sich Hertha zunächst ganz ordentlich, zumindest eine Viertelstunde lang. Das 1:0 aber brach den Berlinern dann auch schon die Moral. Das passiert nun nicht mehr ganz so schnell, wie die Partie in Hannover gezeigt hat: Dem zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich der Gastgeber ließen die Berliner einfach zwei weitere Treffer folgen. Und auch am Samstag gegen Bochum warf sie der Ausgleich in der 57. Minute durch Fahrenhorst zumindest nicht völlig aus der Bahn.

Grund 6: Die Chancenerarbeitung. Vor allem die erste Halbzeit gegen den VfL Bochum zeigte, dass Hertha durch sein verbessertes Spiel auch zu einem deutlichen Plus an Chancen kommt. Nach der Führung durch Marcelinho hätten Bobic und Simunic noch vor der Pause nicht nur alles klar machen können, sondern es tun müssen. Kurz vor dem Ende war es dann erneut Möchtegern-Stürmer Bobic, der eine 100-Prozentige versemmelte. Das ist zwar bedauerlich. Fußballer sagen in solchen Fällen aber völlig zu Recht: Hauptsache, wir erarbeiten uns überhaupt Chancen. Und: Irgendwann gehen sie schon rein.

Grund 7: Die Konkurrenz. Köln ist sowieso schon abgestiegen, und der Rest steht punktemäßig arg eng beisammen. Da die Konkurrenz Frankfurt, Hannover, Kaiserslautern und Gladbach heißt, gibt es nun wirklich keinen Grund, warum ausgerechnet Hertha absteigen sollte.

Einziger Grund, der für einen Abstieg spricht: Fredi Bobic

leibesübungen SEITE 27

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen