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Boom der Biomasse

Wird in Deutschland schon das Energieholz knapp? Nachdem in den vergangenen zwei Jahren einige große Biomassekraftwerke ans Netz gingen, sind entsprechende Befürchtungen nicht unbegründet

VON BERNWARD JANZING

Große Biomassekraftwerke mit 20 Megawatt elektrischer Leistung – die Maximalgröße, die noch unter das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fällt – verbrauchen im Jahr etwa 120.000 bis 150.000 Tonnen Holz. Bei einem jährlichen Altholzangebot von derzeit knapp fünf Millionen Tonnen in Deutschland reicht der Brennstoff somit für etwa 40 Anlagen. Wenn ab 2005 die Deponierung von Müll durch die TA Siedlungsabfall unterbunden wird, werden es noch eine bis zwei Millionen Tonnen mehr pro Jahr sein. „Dann reicht der Brennstoff für 50 Anlagen“, rechnet Norbert Dobe, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Altholzaufbereiter und -verwerter (BAV) in Koblenz. Zugleich gebe es aber in Deutschland bereits 70 Projekte, die in Betrieb sind, gerade gebaut oder geplant werden. Der Schluss ist offensichtlich: Das Altholz wird nicht für alle geplanten Anlagen reichen.

Für Kenner des Marktes keine neue Erkenntnis. Seit im Sommer 2001 die Biomasseverordnung erlassen wurde und für Euphorie unter Energieversorgern und Projektierern sorgte, warnt BAV-Mann Dobe vor dem absehbaren Mangel: „Ich habe die Banken schon auf die Finanzierungsrisiken hingewiesen.“ Zumal Lieferverträge, die über zwei Jahre hinausgehen, für Altholz kaum zu bekommen sind. Doch mancher Investor ignoriere schlicht die Eigenart der Rohstoffversorgung: „Altholz wird nicht hergestellt, es fällt an“, sagt der Koblenzer Branchenexperte. „Die Menge lässt sich daher nicht einfach steigern.“

Neben dem Risiko, künftig ohne Holz dazusitzen, kann auch die Preisentwicklung des Rohstoffs die Kalkulation der Investoren schnell zu Makulatur werden lassen. Vor In-Kraft-Treten der Biomasseverordnung bezahlten die Lieferanten von hoch belastetem Altholz (Fachbezeichnung: Kategorie A4) noch 400 bis 500 Mark pro Tonne an den Kraftwerksbetreiber. Heute sind es gerade noch 30 bis 40 Euro. Beim etwas weniger belasteten A3-Holz wird mitunter gar keine Zuzahlung mehr geleistet, für Hölzer der Klassen A1 (unbehandelt) und A2 (verleimt, lackiert aber ohne Holzschutzmittel) müssen die Kraftwerksbetreiber längst zuzahlen. Einige Unternehmen, die Althölzer seit Jahren allein zur Wärmegewinnung nutzen und somit nicht vom EEG profitieren, sind bereits gezwungen, auf einen anderen Brennstoff umzusteigen.

Völlig anders als beim Altholz stellt sich die Situation beim Frischholz dar. Dort ist das heimische Potenzial erst zu einem Bruchteil genutzt. „Jährlich wachsen in Deutschland 60 Millionen Festmeter nach“, rechnet Bernd Geisen vom Bundesverband Bioenergie (BBE) vor, „davon werden heute erst 40 Millionen genutzt“. Somit blieben 20 Millionen Festmeter, die heute ungenutzt in den Wäldern verrotten. Zudem gebe es ein „riesiges ungenutztes Potenzial im Bereich der Anbaubiomasse“ – etwa bei Pappeln.

Dieses werde man nun „in einer zweiten Welle von Kraftwerksbauten“ verstärkt nutzen, prophezeit Geisen. Anders als die Altholzanlagen, die mit elektrischen Leistungen bis 20 Megawatt das EEG voll ausschöpften, werden die Kraftwerke für Frischholz dezentraler entstehen. „Die zweite Welle wird Anlagen bis fünf Megawatt elektrischer Leistung hervorbringen“, schätzt Geisen. Dieses Marktsegment sei bisher noch vernachlässigt worden: Entweder baute man in der Vergangenheit Anlagen im zweistelligen Megawattbereich für die Stromerzeugung und Einspeisung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, oder man baute reine Heizwerke im Leistungsbereich von mehreren hundert Kilowatt für Nahwärmenetze. Künftig werde das mittlere Segmente verstärkt abgedeckt durch Anlagen, die Strom erzeugen und zugleich die Wärme nutzen.

Für diese Anlagen gebe es „in allen Regionen Deutschlands“ noch Potenzial. Zwar habe man derzeit noch ein Süd-Nord-Gefälle, was aber mehr mit der traditionellen Holznutzung im Süden zusammenhänge: „Dort ist man offener für das Holz.“ Aber auch im Norden werde Holz sich weiter etablieren, sagt Geisen: „Wir sind erst am Beginn der Entwicklung.“

Der Vorteil für die Investoren: Der Markt für Frischholz ist wesentlich berechenbarer. Die Preise sind deutlich stabiler als jene auf dem Altholzmarkt, und auch die Lieferkontrakte werden erheblich langfristiger offeriert. „Wir bieten auch zehnjährige Verträge“, heißt es etwa bei der Firma Fallert im badischen Appenweier – ein Zeitraum, von dem Betreiber von Altholzkraftwerken nur träumen können.

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