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„Bloß nicht in Schönheit sterben“

Der sozialpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Markus Kurth, über die Sozialreformen in der Agenda 2010 und die Schwierigkeit, heute grün und links gleichzeitig zu sein. „Die klassischen Schemata von links und rechts greifen nicht mehr“

Interview BARBARA DRIBBUSCH

taz: Herr Kurth, an diesem Wochenende protestieren Gewerkschafter gegen die Agenda 2010, die SPD-Linke macht Rabatz – wo bleibt der Widerstand bei den Grünen?

Markus Kurth: Wir haben uns nun mal für einen anderen Weg entschieden, als bloß Sturm dagegen zu laufen. Wir wollen die Agenda 2010 in vielen Punkten ausgestalten.

Gibt es bei den Grünen eigentlich ähnlich wie in der SPD so etwas wie einen „linken Flügel“?

Den gibt es.

Wer gehört denn dazu?

Man kann Claudia Roth dazu rechnen, auch Unbekanntere wie Peter Hettlich aus Sachsen, Frithjof Schmidt aus Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens, ich selbst rechne mich auch dazu. Aber diese klassischen Konfliktschemata von links und rechts greifen nicht mehr so recht.

Warum ?

Wir sind zum Beispiel einerseits für ein privates Altersvorsorgekonto, das bedeutet also den Ausbau der privaten Vorsorge, andererseits aber gibt es in der Fraktion inzwischen auch eine Mehrheit, die einen neuen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor fordert.

Die Grünen stimmen voraussichtlich für die Agenda 2010, die auch Kürzungen für Arbeitslose beinhaltet. Haben Sie da keine Bauchschmerzen ?

Man muss dafür einen bestimmten Ausgleich vereinbaren, wie etwa ein höheres Schonvermögen für Arbeitslose, einen zweiten Arbeitsmarkt …

trotzdem kommt es unterm Strich zu Kürzungen.

Das ist auch nicht angenehm, da bin ich auch nicht dafür. Aber im Moment muss man sich den Zwängen beugen. Es ist immer noch besser, für die einzelnen betroffenen Gruppen möglichst viel herauszuholen, beispielsweise für die Arbeitslosen, als wie die zwölf SPD-Protestler das rote Fähnchen zu hissen und dann isoliert zu sein. Es bringt nichts, in Schönheit zu sterben.

Die Haushaltslage ist ja nun noch dramatischer als gedacht. Wo wird denn im Zukunft weiter gekürzt – mit Zustimmung der Grünen?

In der Zukunft kommt es wie jetzt auch schon auf die Ausgestaltungen an. Um die Einnahmeseite zu verbessern, könnte man an die Subventionen herangehen und vielleicht eine pauschale Kürzung von 10 Prozent der staatlichen Subventionen befürworten. Andererseits – und deswegen stimmen die Links-rechts-Schemata eben nicht – kämpfen wir bei den Grünen auch für eine bessere Ausgestaltung des soziokulturellen Existenzminimums, und das betrifft dann vor allem die Empfänger des künftigen Sozialgelds und des Arbeitslosengelds II.

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