: Wenn Geschichten Tore schießen
Die erste Theatersport-Weltmeisterschaft soll im Rahmen des Kulturprogramms der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland stattfinden. Pierre Leich, Geschäftsführer des Vereins „Theatersport in Deutschland“, erklärt, was Fußball, Improvisationstheater und Theatersport verbindet
taz: Während in deutschen Städten kräftig gekickt wird, sollen sich erstmals die weltweit Besten des Theatersports auf deutschen Bühnen messen. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Pierre Leich: Improtheater und Fußball ähneln sich: Beide sind echte Teamspiele mit hohem Unterhaltungswert, die im Wettkampf ausgetragen werden. Sowohl beim Fußball wie beim Theatersport nimmt das Spiel nach dem Anpfiff seinen unvorhersehbaren Lauf. Auch auf der Bühne kontrolliert ein Schiedsrichter das Spiel und ahndet die Fouls. Wichtig sind Zuschauer, die emotional stark beteiligt sind und aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten kommen. Beide Weltmeisterschaften werden viele Nationen zu einem Großereignis verbinden.
Worin besteht der Wettkampf beim Theatersport?
Im Stadion geht es darum, welche der Mannschaften am meisten Tore erzielt. Ein „Tor schießen“ heißt beim Theatersport: die Schauspieler improvisieren: Sie entwickeln interaktiv und unter Vorgaben des Publikums spontan eine gute Geschichte. Das gelingt nur, wenn im und mit dem Team Ideen wachsen. Die Spannung entsteht, weil niemand weiß, wie eine begonnene Geschichte enden wird. Und wie ein Fußballspiel ist ein Theater-Match einmalig und nicht wiederholbar! Das Improvisieren und Neuerfinden macht den Reiz aus, nicht nur das Gewinnen.
Was ist konkret geplant?
Das zehntägige Turnier soll in acht Regionen und Städten ausgetragen werden. Es gibt eine Vor- und eine Zwischenrunde mit insgesamt 16 Gruppen. Dann scheiden die ersten acht Teams aus. Im K.-o.-System, analog zum Fußballturnier, wird in einem Viertel- und Halbfinale sowie im Endspiel der Weltmeister ermittelt. Insgesamt sollen 55 Theatersport-Matches auf die Bühne kommen – aber nicht zeitgleich mit den Spielen der Fußball-Weltmeisterschaft. Wir wollen dem Fußball ja nicht die Fans abspenstig machen …
Haben Sie Chancen, gefördert zu werden?
Wir bewerben uns mit der Theatersport-WM bei der nationalen DFB-Kulturstiftung WM 2006 für das Kulturrahmenprogramm der Fifa. Die Weltmeisterschaft ist das zweitgrößte Sportevent weltweit und erfasst nicht nur Fußballfans. Wir bieten mit der Theatersport-WM ein Kulturevent, das sogar über die Austragungsorte der Fußball-WM hinausgeht und das alle überraschen soll: mit der humorvollen, unkonventionellen und lebendigen Seite Deutschlands.
INTERVIEW: LINE LENHARDT
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
