: Segeln gegen den Wind
Die Ostseestädte Rostock und Kiel graben sich durch ihre konkurrierenden Bewerbungen um die Austragung der Segel-Weltmeisterschaften 2007 gegenseitig das Wasser ab – und könnten dadurch am Ende beide leer ausgehen
von TIMM SCHRÖDER
Am Wochenende waren sogar die Chinesen in Rostock. Eine Delegation aus der Stadt Qingdao, die bei Olympia 2008 in Peking die Segelwettbewerbe ausrichtet, wollte sich ein Bild vom designierten Rostocker Olympiahafen „Hohe Düne“ machen. Zu sehen gab es schon einiges: Die Molen des 80 Millionen Euro-Projekts sind fast fertig, nur auf der Landseite wird noch bis Frühjahr 2005 gebaut. „Die Chinesen waren sehr angetan“, sagt Uwe Jahnke, stellvertretender Leiter des Rostocker Olympiabüros.
Der Wermutstropfen bei der Sache: Es könnte sein, dass sich die Chinesen schlicht einen teuren neuen Yachthafen angesehen haben – und keinen Olympiahafen. Die deutsche Olympiabewerbung von Leipzig für 2012 – Segelrevier wäre dann Rostock – gilt als wenig aussichtsreich. Und auch für das zweite Prestigeprojekt der Rostocker, die Bewerbung um die Ausrichtung der Segel-WM 2007, stehen die Chancen nicht allzu gut. Da ist den Mecklenburgern die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel dazwischen gekommen.
Dabei hätte es so leicht sein können. Anfangs wollten sich Kiel, Travemünde und Rostock noch gemeinsam um die WM 2007 bewerben – was an der Vorgabe des Segelweltverbandes ISAF, möglichst kompakte Spiele zu veranstalten, scheiterte. Also bewarb sich zunächst nur Rostock, quasi als Generalprobe für die olympischen Segelwettbewerbe 2012. „Wir haben viel gearbeitet in den vergangenen 13 Jahren“, sagt Uwe Jahnke vom Olympiabüro. Jetzt wird in Warnemünde der Olympiahafen gebaut, der zwar privat finanziert, vom Land Mecklenburg-Vorpommern aber mit rund 15 Millionen Euro bezuschusst wird. Im Frühjahr 2005 soll der Hafen fertig werden – und wäre laut Jahnke ein „idealer WM-Hafen“.
Dann aber reichte auch Kiel seine WM-Bewerbung ein. Und damit begann für die Rostocker das Problem. Der Segelweltverband ISAF nämlich hat aus den Querelen um die Vergabe der WM 2003 im spanischen Cadiz seine Lehren gezogen. Damals hatten sich noch drei weitere spanische Städte beworben, und es gab Streit, wer denn nun den besten Standort habe.
Nach den Problemen in Spanien sieht es der ISAF nun lieber, wenn sich pro Land nur eine Stadt bewirbt. „Mit der Doppelbewerbung haben wir uns die Chancen verbaut“, glaubt nun der Rostocker Jahnke, der noch nicht einmal die Chancen der Mecklenburger Bewerbung abschätzen will: „Das ist zu schwierig.“
In Kiel dagegen will man von einer Konkurrenzsituation zu Rostock nichts wissen. „Wir sind keine Konkurrenten, wir sind Wettbewerber“, sagt Stadtpressesprecher Detlef Strempel – kann aber selbst nicht so recht erklären, was er damit meint. Strempel glaubt, dass Kiel „gute Chancen“ auf die Ausrichtung der WM hat. Immerhin sollen im ehemaligen Olympiahafen Schilksee 3,3 Millionen investiert werden und die Stadt vermarktet sich eifrig als „Sailing City“.Und zu der Doppelbewerbung meint er: „Dass Rostock sich bewirbt, kann doch nicht bedeuten, dass wir verzichten.“
Bleibt zu hoffen, dass Uwe Jahnke vom Rostocker Olympiabüro Unrecht und die ISAF keine Probleme mit Doppelbewerbungen hat. Wenn doch, könnten die Konkurrenten Halifax (Kanada), Medemblick (Niederlande) oder Cascais (Portugal) den Zuschlag bekommen – und die beiden deutschen Bewerber leer ausgehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen