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Ausgequakt

Skurriler Fall vor dem Lüneburger Landgericht: Weil sie ihm zu laut waren, hat ein 44-Jähriger ein Dutzend Frösche erschossen. Die Teichbesitzerin musste sich wegen Unterlassung verantworten

VON FLORIAN ZINNECKER

Lange schon waren sie ihm ein Dorn im Auge, an einem Sonntag im Mai war es dann genug. Vjaceslav L. legte sein Luftgewehr an und schoss: ungefähr ein Dutzend Frösche starben im Gartenteich seiner Nachbarin Ines H. in Lüdersburg (Kreis Lüneburg).

„Der Garten ist ein Paradies für die Frösche“, sagte der 44-Jährige mit russischem Akzent am Donnerstag vor der Kleinen Strafkammer des Lüneburger Landgerichts. „Das ist unerträglich. Die fangen um drei Uhr morgens an zu quaken und machen bis in die Nacht weiter. Wäre unser Nachbarschaftsverhältnis nicht so gut, hätte ich längst eine Anzeige gemacht.“

Um den 44-Jährigen drehte sich die Verhandlung aber nur am Rande – Vjaceslav L. ist längst verurteilt, zu 20 Tagessätzen à 20 Euro, wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Angeklagt ist Ines H.: Die 41-Jährige wurde verdächtigt, vom Amphibien-Massaker gewusst und nichts dagegen unternommen zu haben. Gegen ihren Freispruch in erster Instanz war Berufung eingelegt worden – die Richter Matthias Steuernagel wieder verwarf. Ines H. bleibt freigesprochen: Die Vorwürfe lassen sich nicht verifizieren.

Vjaceslav L. kümmert sich um Garten und Teich seiner Nachbarin. „Wir haben“, erklärte er, „natürlich schon einmal über das Problem gesprochen, aber keine Lösung gefunden. Also habe ich das in die Hand genommen.“ Am besagten Sonntag kam Vjaceslav L. mit zwei Freunden in Ines H.s Garten – vermeintlich um im Teich, 1100 Quadratmeter groß, zu schwimmen. Ines H. hielt sich im Haus auf. Gegen 17 Uhr drückte Vjaceslav L. zum ersten Mal ab, seine Freunde standen mit Keschern am Ufer und fischten die toten Tiere aus dem Wasser.

Ans Licht kam die Tat nur, weil eine Nachbarin und ihre Tochter das Trio beobachtete. „Was machen Sie da, habe ich gefragt. Schießen Sie auf Frösche?“, erinnerte sich die Nachbarin vor Gericht. „Ja, habe ich gesagt“, sagte Vjaceslav. „Dann wurde ich aufgefordert, aufzuhören, aber ich hatte keinen Bock. Ich fühlte mich angegriffen durch den aggressiven Tonfall. Der Ton macht die Musik.“ Mutter und Tochter riefen die Polizei, Vjaceslav schoss weiter – und ging dann ins Haus, um Ines H. vom Vorfall zu berichten. „Es ist bedauerlich, dass sie das mitbekommen hat“, sagte er. „Andernfalls hätte sie das wahrscheinlich nicht gemerkt.“ Den später eintreffenden Polizisten erläuterte Vjaceslav L., er halte ihre Reaktion für überzogen. In seiner Heimat werde das anders gehandhabt.

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