: „Roadmap schiebt wichtigste Probleme auf“
Syriens Regierungssprecherin Busseina Schaaban über den amerikanisch-arabischen Gipfel in Scharm al-Scheich
taz: Was denkt Syrien über das Treffen einiger arabischer Staatschefs mit US-Präsident Bush in Scharm al-Scheich?
Busseina Schaaban: Es gibt eine einheitlich arabische Position, die beim arabischen Gipfeltreffen in Beirut angenommen wurde. Dieses Angebot liegt auf dem Tisch. Alle arabischen Staaten sagen, sie wollen Frieden, wenn Israel die von ihm 1967 besetzten arabischen Gebiete zurückgibt. Einmal ehrlich, das ist ein kleiner Preis für Israel, um Frieden zu erhalten. Ich verstehe nicht, wie man sich beschweren kann, dass die Araber keinen Frieden wollen. Wenn es Scharon wirklich um das Wohl seiner Menschen geht, sollte er diese Gelegenheit nutzen. Stattdessen war einer der 13 Punkte seiner Vorbehalte gegenüber der Roadmap, dass diese arabische Initiative herausgenommen werden soll.
Ist ein Treffen in Scharm al-Scheich dann überhaupt sinnvoll?
Wir verstehen nicht ganz, worauf das hinauslaufen soll. Wenn es um einen umfassenden Frieden geht, sollte die arabische Initiative als erster Programmpunkt auf der Tagesordnung stehen und alle arabischen Länder wären eingeladen worden. Syrien war nicht eingeladen und wir wollen auch nur gefragt werden, wenn es auch wirklich ernst gemeint ist. Bei der Roadmap sind wieder die schwierigsten Probleme aufgeschoben worden. Wenn Israel Frieden wollte, hätte es ihn vor Jahren haben können. 22 arabische Länder sagen, sie sind bereit zum Frieden, wenn sich Israel aus den von ihm 1967 besetzten Gebieten zurückzieht. Ich glaube, das ist ein Angebot, dem man sich kaum verschließen kann. Wenn es aber darum geht, den Arabern und Palästinensern eine Niederlage zu bereiten und so viele Zugeständnisse wie möglich aus ihnen herauszupressen, dann ist der bisherige Weg der richtige. Israel ist die stärkste Militärmacht in der Region. Aber ich glaube nicht, dass man Probleme langfristig mit Gewalt lösen kann.
Würde Syrien zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder mit Israel verhandeln?
Syrien wäre bereit, die Verhandlungen mit Israel an dem Punkt wieder aufzunehmen, an dem sie stehen geblieben sind. Seit die Palästinenser die Osloer Verträge unterzeichnet haben, wurden die syrischen und palästinensischen Verhandlungen mit Israel getrennt. Es überrascht uns nicht, dass es auch heute keine Koordination zwischen Syrern und Palästinensern gibt. Unser Präsident hat US-Außenminister Powell bei dessen letzten Besuch in Damaskus erklärt, dass es keinen Frieden in dieser Region geben wird, wenn er nicht allumfassend ist. Die verschiedenen Stränge sollten zusammenlaufen, wenngleich nicht notwendigerweise zeitgleich. Syrien möchte, dass wirkliche Arbeit geleistet wird. Syrien wird missverstanden, als ein Land, das keinen Frieden möchte. Richtig ist, dass wir auf einen Frieden hinarbeiten wollen, der auch dann noch hält, wenn die Unterzeichner der Verträge nicht mehr leben. Es geht nicht nur um einen Fototermin. Wenn Bush tatsächlich entschlossen ist, in dieser Region Frieden zu schaffen, dann sind wir bereit.
INTERVIEW: KARIM EL-GAWHARY
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen