: Im Lehnstuhl durch die Stadt
Eine neue Generation von Fahrrädern ist angetreten, Radfahren in der Stadt sicherer und bequemer zu machen. Sie heißen Scooter, ganz modern, und haben doch den sympathischen Geronto-Touch
von WOLFGANG A. LEIDIGKEIT
Immer wenn der Verkauf neuer Fahrräder schleppend verläuft, sind die Marketingstrategen der Branche gefragt. Und die verfallen dann auf Namen, die sie für außerordentlich progressiv halten, aber kaum sachdienlich sind. „Scooter Bike“ etwa. Die anfänglich verwendete Bezeichnung „Sesselrad“ beschreibt das Vorhaben schon eher. Hat es doch mittlerweile zu einer ganzen Generation von Fahrrädern geführt, die nicht nur ungewöhnlich aussehen, sondern sich auch durch außergewöhnliche Bequemlichkeit auszeichnen.
Sie wird vor allem durch äußerst komfortable Sitze erreicht, die in der Regel mit verstellbaren Rückenlehnen ausgestattet sind. Eine Konstruktion, die mehr an Opas Lehnstuhl als an den Sitz eines Velos erinnert. Federelemente sorgen für zusätzliches Wohlbehagen. Gerade Fahrer mit Rückenbeschwerden dürften also ein Scooter Bike schnell zu schätzen wissen.
Ein tiefer Durchstieg, eine Sitzhöhe, bei der die Füße mit angewinkeltem Bein bequem den Boden erreichen können, sowie ein vor dem Fahrer angebrachter Lenker vermitteln auch älteren Fahrradfahrern ein Gefühl der Sicherheit. Dabei verschafft eine Sitzhaltung, die eher der eines Autofahrers entspricht, gerade auch in der Hektik des Stadtverkehrs eine besonders gute Übersicht. Also ein Fahrrad, auf das man sich einfach draufsetzen und mit dem man sofort entspannt losfahren könnte? Ohne jegliche Erfahrungen mit Liegefahrrädern? In der Praxis hat sich gezeigt, dass das Umsteigen vom Normalrad auf das Scooter Bike keinerlei Probleme bereitet.
Die Abstammung von der klassischen Form ist halt nicht zu leugnen. Und auch nachzuweisen. So stellte die Firma Voss aus Itzehoe mit dem Bevo-Bike bereits Anfang der Neunzigerjahre einen Zwitter aus Standard- und Liegerad vor, der bis heute nicht nur hohen Ansprüchen an Komfort und Sicherheit genügt, sondern auch ein neues Konzept der Gepäckbeförderung verwirklicht. Seit dem Bevo-Bike, das viele als Mutter aller Scooter ansehen, werden Zuladungen bei Sesselrädern üblicherweise zwischen Vorder- und Hinterrad befestigt, soll heißen: großflächig unter dem Sitz verstaut. Durch den so verlagerten Schwerpunkt werden die Fahreigenschaften deutlich verbessert. Und der geringere Luftwiderstand reduziert den Kraftaufwand beim Pedalieren.
Mit dem Flux V 200 folgte Jahre später ein ähnliches Modell, das vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) 1999 für würdig befunden wurde, den Titel „Fahrrad des Jahres“ zu tragen. Inzwischen haben immer mehr Anbieter die Vorteile des Scooter-Konzepts erkannt und weiterentwickelt. Die Firma Riese und Müller zum Beispiel produziert mit dem Equinox ein Sesselrad, bei dem die Kette schmutzgeschützt in der Hinterradschwinge des Fahrrades verläuft.
Und nun zu den Preisen: Sie bewegen sich mit 1.400 Euro und mehr auf einem relativ hohen Niveau. Dafür werden aber auch Fahrräder angeboten, die in der Regel nicht nur durch hervorragende Ausstattung erfreuen, sondern auch hohen Spaßfaktor und eine extragroße Portion Bequemlichkeit versprechen.
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