volksbegehren: Opposition allein reicht nicht
Lassen wir mal beiseite, ob sich die Chancen eines Volksbegehrens wirklich daran messen lassen, dass 100 Leute und nicht nur 50 zu einer Diskussionsveranstaltung kommen. Beschränken wir uns auf die Zielsetzung: Rücknahme von Kürzungen und eine sozialere Politik. Wobei „sozial“ ein sehr, sehr dehnbarer Begriff ist: Auch der SPD-Finanzsenator Sarrazin versteht seine Politik als sozial, weil es – so seine Argumentation – ohne Kürzungen über kurz oder lang gar nichts mehr zu verteilen gäbe.
KOMMENTAR VON STEFAN ALBERTI
Weg soll sie also, die angeblich perspektivlose Sparpolitik des rot-roten Senats. Die Sache ist nur: Wer eine Politik nicht will, sollte einen Gegenentwurf bieten und auch das Personal, diese Alternative umzusetzen. Im Bundestag etwa gilt ausdrücklich: Der aktuelle Kanzler ist nur abwählbar, wenn gleichzeitig ein anderer gewählt wird. Konstruktives Misstrauensvotum nennt sich das in der Rechtsordnung der Bundesrepublik.
Wenig konstruktiv ist das, was einer der Macher des Volksbegehrens über ein zukünftiges Wahlbündnis sagt. Das soll zwar bei der noch zu erzwingenden Neuwahl antreten. Doch Regierungsverantwortung übernehmen und damit die wirkliche Kompetenz, Kürzungen rückgängig zu machen? Nein, das dann doch nicht. Stattdessen denkt man daran, einen rot-roten Senat zu tolerieren.
Das klingt wie eine Politvariante von Herbergers „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. Wieso sollte jemand erst für ein Volksbegehren, dann für einen Volksentscheid unterschreiben, wenn selbst die Initiatoren davon ausgehen, dass es bei Rot-Rot bleibt? Wer Veränderungen will, muss sie auch selbst im Senat durchsetzen wollen. Sich von vornherein auf die Oppositionsrolle zu beschränken heißt, halbe Sachen zu machen. Und das ist zu wenig.
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