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WUNDER IM ALLTAG: BUNDESREGIERUNG WILL UNISEX-TARIFERiester-Rente jetzt gerecht

Ist das Gerechtigkeit? Männer müssen bei der Riester-Rente künftig mehr zahlen, Frauen weniger. Dabei leben Frauen doch länger als Männer. Deshalb bekommen sie länger Rente, sind teurer und zahlen folgerichtig bisher höhere Beiträge. Jetzt soll es Unisex-Tarife geben, beide sollen gleich viel zahlen und monatlich gleich viel herausbekommen – wie in der staatlichen Rente. Da hat doch die feministische Mafia wieder zugeschlagen – und die Männer müssen bluten.

Man darf gespannt sein, wie viele solcher oder ähnlicher Kommentare zu der Unisex-Einigung der Regierungsfraktionen abgegeben werden. Denn sie zeigen ziemlich zuverlässig, wo die Republik steht beim Thema Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Zugegeben, es ist nicht ganz einfach, die Sache mit den unterschiedlichen Tarifen zu verstehen. Frauen leben länger, das haben alle im Kopf. Aber niemand hat im Kopf, wie willkürlich diese Unterscheidung ist. Akademiker leben länger als Bauarbeiter, Gutverdiener leben länger als Schlechtverdiener: Diese Informationen sind weniger bekannt. Männer und Frauen kann man ebenso schön leicht unterscheiden. Aber an diese schön leichte Unterscheidung knüpfen sich eben manchmal Benachteiligungen des einen und ab und zu auch des anderes Geschlechts. Oft sind es die Frauen, denen man kollektiv etwas unterstellt – und sei es nur, lange zu leben. Manchmal leiden aber auch Männer unter solchen Vereinnahmungen: etwa, wenn sie in Kfz-Versicherungen für ihre unfallfreudigen Geschlechtsgenossen mitzahlen müssen.

Diesmal wird eine Benachteiligung der Frauen abgebaut, nächstes Mal könnte es eine der Männer sein. Dass die Wirtschaft das rechtliche Gebot und politische Ziel der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern derart ignoriert hat, zeigt, auf welchem Level ihr Bewusstsein dafür steht: bei null. Die Regierung dagegen hat sich erstmals dazu durchgerungen, das Prinzip „Gender Mainstreaming“ tatsächlich anzuwenden, zu dem sie sich 1999 verpflichtet hat. Sie hat nachgesehen, wie ihre Politik auf beide Geschlechter wirkt, und dann Benachteiligungen ausgeglichen. Eigentlich eine ganz normale Maßnahme. HEIDE OESTREICH

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