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Reform oder Gewurschtel

Regierungserklärung in Kiel: SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis kündigt weitere soziale Einschnitte an. Opposition wirft Rot-Grün komplettes Versagen vor

Angesichts einer „dramatischen“ Wirtschaftslage in Schleswig-Holstein sind nach den Worten von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) weitere Sparmaßnahmen in den beiden kommenden Jahren unumgänglich. In einer Regierungserklärung kündigte Simonis gestern in Kiel an, alle Förderprogramme würden um jeweils zehn Prozent gekürzt. Die Opposition gab der Landesregierung eine Mitschuld an der Wirtschaftsmisere.

Mit weiteren Einsparungen will Simonis den sinkenden Steuereinnahmen des Landes entgegensteuern. Für die Sozialsysteme in Deutschland forderte sie Änderungen. „Sozialen Kahlschlag wird es mit der SPD aber nicht geben“, versicherte die Ministerpräsidentin. Zur Senkung der Lohnnebenkosten erneuerte Simonis ihre Forderung nach Erhöhung der Mehrwertsteuer.

„Ich bin sicher, dass wir die nötigen Veränderungen schaffen“, sagte Simonis. Im Land setzt sie weiter auf die Verschlankung der Verwaltung. Für die Landeshaushalte bis 2007 will Simonis den Anstieg der Nettoausgaben auf ein Prozent begrenzen. Neue Löcher bei den Landesfinanzen seien aber zu befürchten, wenn die dritte Stufe der Steuerreform vorgezogen wird. Zum Ausgleich der Steuerausfälle müsse es Einsparungen an anderer Stelle, etwa bei Subventionen, geben.

Scharfe Kritik kam von CDU und FDP. „Die Fehler der Regierung haben die Lage noch verschärft“, erklärte CDU-Oppositionsführer Martin Kayenburg. Er warf Simonis vor, sie habe den Haushalt „an die Wand gefahren“. Es werde „konzeptionslos gewurschtelt“, sagte Kayenburg. Die innere Sicherheit werde auf Kosten von immer weniger Polizisten erreicht, die Kommunen verlören ihren finanziellen Spielraum, und die Wirtschaft halte sich mit Investitionen zurück. Einzig in der Schulpolitik sei Rot-Grün auf dem richtigen Weg.

Die SPD-Abgeordnete Jutta Schümann sprach sich ebenfalls für ein Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform bei gleichzeitiger Kürzung von Subventionen aus. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki nannte die Regierungserklärung ein „Armutszeugnis“. Simonis sei verantwortlich für schwaches Wachstum, Arbeitslosigkeit und Rekordverschuldung. Die Ministerpräsidentin sei „politisch ausgelaugt“. Der FDP-Mann wurde Richtung Simonis persönlich: „Wenn es bei ihr um Politik geht, zieht ihr Verstand regelmäßig den Kürzeren.“

Für die Grünen mahnte deren Fraktionsvorsitzender Karl-Martin Hentschel weitere Reformen des Bildungssystems an. Bei der zwischen den Regierungspartnern SPD und Grüne umstrittenen Freigabe von gesetzlichen Standards für die Kindertagesstätten zeigte sich Hentschel kompromissbereit. Die Grünen blieben aber bei ihrem Nein zu einer generellen Standardfreigabe. REINHARD HAFFENSTEIN

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