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VW legt eigenes Hartz-Modell auf

Wenn es nach VW-Personalvorstand Peter Hartz geht, bleiben bei Volkswagen alle 176.544 inländischen Arbeitsplätze erhalten. Dafür fordert er erfolgsbezogene Entlohnung und Flexibilität in Sachen Arbeitszeit. Gewerkschaften skeptisch

AUS HANNOVER JÜRGEN VOGES

Eigentlich sollen die Tarifverhandlungen für die inländischen VW-Beschäftigten auch in diesem Jahr erst im September beginnen. Und auch für kommenden Montag war lediglich eine Routinesitzung von Vertretern der IG Metall und des Unternehmens vorgesehen, die weiter über einen allgemeinen Entgelttarif ohne die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten nachdenken sollte. Doch dann meldete sich Peter Hartz zu Wort. Nachdem die nach dem umtriebigen VW-Personalvorstand benannten Gesetze, die die Arbeitslosigkeit in Deutschland binnen zwei Jahren halbieren sollten, dem Namensgeber keine Ehre machen, will Hartz bei Volkswagen nun die Zahl der Beschäftigten – zumindest – erhalten.

„Projekt 176.544“ heißt sein neuer Vorschlag, der nach Angaben der IG Metall nun auf der montäglichen Routinesitzung zur Sprache kommen soll. Er verspricht, dass es bei den gegenwärtig exakt 176.544 Arbeitsplätzen des VW-Konzerns bleiben kann. Geknüpft wird dies aber an eine Reihe von Bedingungen, die der Belegschaft und ihrer Gewerkschaft nicht schmecken können: Gleich um 30 Prozent will der VW-Manager die Arbeitskosten von VW in Deutschland drücken. Da soll etwa der Überstundenzuschlag nicht mehr ab 200, sondern künftig erst bei über 400 Mehrarbeitsstunden gezahlt werden.

Die Wochenarbeitszeit will Hartz an das Lebensalter koppeln. Bei jungen Arbeitskräften soll sie weit über den heute üblichen 32 Stunden – und bei älteren Arbeitnehmern darunter liegen. Außerdem will Hartz die Entlohnung stärker an den Unternehmensgewinn koppeln, bis zu 30 Prozent des Bruttolohns sollen dann erfolgsabhängig gezahlt werden. Auch die Kosten vom Betrieb verlangter Qualifizierungsmaßnahmen sollen die Arbeitnehmer künftig zum Teil selbst tragen. Dank solcher Maßnahmen blieben die Bruttolöhne auf dem Papier übrigens gleich.

Die IG Metall reagierte erwartbar gemischt auf das neue Hartz-Projekt. Der niedersächsische IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine begrüßte die Absicht, alle VW-Arbeitsplätze im Inland zu erhalten. Volkswagen unterscheide sich damit positiv von Unternehmen wie Siemens oder dem Reifenhersteller Continental und deren aggressiver Strategie zur Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland.

Allen Ansätzen zu Lohnsenkung und Deregulierung erteilte Meine aber eine klare Absage. „Wir sagen Nein zu Einschnitten bei den Beschäftigten, auch wenn sie geschickt verpackt sind“, so der Gewerkschafter. Entgegenkommen signalisierte Meine allerdings bei der demografischen Arbeitszeit, nach der die Jungen länger und die Alten kürzer arbeiten sollen. Allerdings muss es auch dabei nach dem Willen der Gewerkschaft nicht nur um eine altersgerechte Arbeitszeit gehen, sondern auch um Arbeitsbedingungen, die es ermöglichen, noch gesund das Rentenalter zu erreichen.

Und dann war da noch was: Die Tarifverträge, betont die Gewerkschaft, seien bislang nicht gekündigt – und gelten daher bis zum 30. September.

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