: CDU will Multi-Kulti beenden
Bei der gestrigen Parlamentsdebatte zum Zuwanderungsgesetz blitzte schon die neue Rüttgers-Stoiber-Achse durch: ausländerfeindliche Stammtischparolen beherrschten die CDU-Reden
VON ANNIKA JOERES
Die CDU in Nordrhein-Westfalen macht Stimmung gegen MigrantInnen: „Zuwanderung ist eine Frage der Sicherheit“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU in NRW, Hermann-Josef Arentz. Die ChristdemokratInnen nutzten gestern die aktuelle Stunde im Düsseldorfer Landtag, um Zuwanderung mit Terrorismus gleichzusetzen. „Es kann nicht sein, dass hochverdächtige Personen die Segnungen unseres Staates genießen“, wettert Arentz und warnt: „Schon morgen kann der internationale Terror in Deutschland zuschlagen.“ Arentz will aus dem Zuwanderungsgesetz ein Abschiebegesetz machen: „Wir wollen Rädelsführer abschieben, Hassprediger, Menschenschleuser und Straftäter müssen alle raus aus unserem Land.“
Am vergangenen Freitag hatte sich Rot-Grün im Bund darauf verständigt, noch im Mai über einen möglichen Kompromiss mit der CDU zu beraten. Alle Parteien betonten in der gestrigen Debatte, das Zuwanderungsgesetz zu wollen. „Wir brauchen aus demographischen und wirtschaftlichen Gründen Zuwanderung“, sagte die migrationspolitische Sprecherin der FDP, Ute Dreckmann. Es sei ein Armutszeugnis der Politik, vier Jahre über eine Notwendigkeit zu verhandeln. „Ohne ausländische Fachkräfte werden ganze Technologiebranchen auswandern.“ Sie kritisierte die Forderungen der CDU: „Das Zuwanderungsgesetz darf nicht mit einem Terrorismusgesetz verbunden werden, das sind zwei Paar Schuhe.“
Auch Innenminister Fritz Behrens (SPD) warf der Union vor, das Zuwanderungsgesetz mit Gewalt zu einem Sonderpolizeigesetz zur Bekämpfung extremistischer Ausländer umfunktionieren zu wollen. Er appellierte an die „Hardliner der CDU“, dem Gesetz noch eine Chance zu geben. „Wir sind zu 80 Prozent ihren Forderungen entgegengekommen, die restlichen 20 Prozent sind nicht verhandelbar.“ Behrens spielte damit auf die von der Union gestern mehrfach geforderte Sicherheitsverwahrung an. Jemanden ohne Beweis, ohne Verurteilung und noch dazu ohne Möglichkeiten zur Abschiebung auf unbestimmte Zeit im Gefängnis einzusperren, sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Monika Düker, will „für die drei Millionen Nordrhein-Westfalen mit Migrationshintergrund endlich ein Gesetz“. Auch die 60.000 geduldeten Menschen dürften nicht weiter ohne Perspektive leben. Für Theo Kruse von der CDU blieb all dies nur „naive Träumerei von Multi-Kulti“. Für ihn stehen die Zugewanderten offensichtlich außerhalb der Gesellschaft: „Wir müssen zuerst die eigene Bevölkerung schützen.“
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