: Staatsoper als Druckpille
Kultursenator heizt vor der Haushaltsklausur des Bundes noch einmal ein: Beschließt das Schröder-Kabinett keine zusätzlichen Mittel für die Opern, machen wir den Laden dicht
Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) schließt eine vorübergehende Aufgabe des Spielbetriebes am Opernstandort Unter den Linden nicht mehr aus. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa vom Donnerstag sagte Flierl auf dem Kulturforum der SPD, sollten die zwischen ihm und Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) verabredeten Bundeshilfen für die Opern nicht zu realisieren sein, werde der Spielbetrieb an der Staatsoper Unter den Linden „vorübergehend aufgegeben“.
Für die geplante Opernstrukturreform will der Bund dem Land mit einer Anschubfinanzierung von über drei Millionen Euro aushelfen. Zusätzlich soll in den kommenden Jahren eine Summe in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung gestellt werden. Das Bundeskabinett berät am Wochenende auf seiner Haushaltsklausur auch über diesen bislang noch nicht eingestellten Finanzierungstitel und damit über Sein oder Nichtsein der drei Häuser – Staatsoper, Deutsche Oper und Komische Oper.
Flierl nannte es einen worst case, sollte der Bund überhaupt keine Hilfen geben können. „Vor dem Hintergrund des mit mindestens 100 Millionen Euro bezifferten, bislang völlig ungedeckten Sanierungsbedarfs der Staatsoper bedeutet dieses Szenario aber möglicherweise die kurzfristige, wenn auch vorübergehenden Aufgabe des Linden-Standortes.“
Es ist zudem „zweifelhaft“, ob der Gesamtetat ausreiche, eine Bespielung am zweiten Ort dann zu garantieren. Kommt keine Mittelfreigabe, dann würden Staatsoper und Deutsche Oper fusioniert und die Zuschüsse von 83 Millionen Euro auf etwa 50 Millionen Euro reduziert werden. Das käme der Schließung eines Opernbetriebes gleich.
Die Alternative sieht der Kultursenator weiterhin nur in der Übernahme der Staatsoper durch den Bund – oder ebenjene Beteiligung des Bundes an der geplanten Opernstiftung, bei der alle drei Opernhäuser als selbstständige Einrichtungen erhalten werden.
Der Gesamtetat aller drei Bühnen beläuft sich auf etwa 115 Millionen Euro. Diesen kann Berlin nicht mehr allein tragen. Flierl hat den Bund um eine Gesamtentlastung des Kulturhaushalts um 33 Millionen Euro gebeten. Zugleich erwartet er auch Hilfen des Bundes für einen sozial verträglichen Personalabbau. Bei der Reform sollen insgesamt mehr als 200 Stellen im Opernbereich und 100 Stellen im Theaterbereich abgebaut werden.
Flierl kritisierte erneut das bisherige Engagement des Bundes in der Hauptstadt als Stückwerk und forderte eine stärkere Wahrnehmung gesamtstaatlicher Verantwortung für das Kulturerbe aus preußischer und deutsch-deutscher Zeit. „Die jahrzehntelangen Reden zur kulturellen Einheit der Nation und zur besonderen Rolle Berlins – diese Versprechen stehen jetzt auf dem Prüfstand.“ ROLA
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