: „Die Bank muss wieder Politikum werden“
Die PDS muss im Senat die geplante Erhöhung der Bezüge von Aufsichtsratsmitgliedern der Berliner Bankgesellschaft stoppen, fordert Gesine Lötzsch. Die Bundestagsabgeordnete der PDS kritisiert die SPD: „Ditmar Staffelt hat versucht, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu behindern“
Interview ROBIN ALEXANDER
taz: Am 4. Juli ist die nächste Hauptversammlung der Bankgesellschaft. Eine Satzungsänderung ist geplant: Aufsichtsratsmitglieder sollen mehr Geld bekommen.
Gesine Lötzsch: Dies wäre das absolut falsche Signal. Der Bank geht es schlecht. So schlecht, dass wir keinen Käufer für sie finden. In dieser Situation die Bezüge des letztverantwortlichen Kontrollgremiums erhöhen zu wollen, ist wirklich ein starkes Stück.
Das Land Berlin ist Mehrheitsaktionär der Bankgesellschaft. Entscheidet also nicht letztlich der Senat?
Ja. Und so darf der Senat auf keinen Fall entscheiden. Im Gegenteil: Der Regierende Bürgermeister muss sich dafür einsetzen, dass in dieser Situation die Bezüge der Aufsichtsräte nicht erhöht werden. Wenn Klaus Wowereit dies nicht tut, muss die PDS im Senat darauf drängen. Gerade in dieser Frage achten die Bürger genau darauf, wer zustimmt und wer deutlich „Nein“ sagt.
Seit Herbst sind Sie Abgeordnete des Bundestages. Dort treffen Sie auch alte Bekannte aus der Bankgesellschaft.
In der Tat: Mit Ditmar Staffelt als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ist einer der Hauptkonstrukteure der Bankgesellschaft sogar Mitglied der Bundesregierung geworden. Leider weigert sich Staffelt bis heute, Verantwortung für das Scheitern der Bankgesellschaft zu übernehmen.
Ist das nicht alles Schnee von gestern?
Nein. SPD-Politiker wie Staffelt oder die ehemalige Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing waren im Aufsichtsrat der Landesbank, haben aber nie Konsequenzen aus ihrem Versagen gezogen. Im Gegenteil: Sie bleiben bis heute in politischen Führungspositionen. Und tun sich zudem immer wieder mit Vorschlägen zu Einsparungen bei den Schwächsten in der Gesellschaft hervor.
Der Untersuchungsausschuss Bankgesellschaft hat Staffelt vorgeladen …
… lesen Sie einmal die Protokolle! Staffelt hat versucht, die Arbeit des Ausschusses zu behindern. Staffelt hat sich geweigert, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von ihrer Schweigepflicht zu entbinden. Erst auf öffentlichen Druck hin hat er nachgegeben und erklärt, er teile doch die Rechtsauffassung des Ausschusses. Laut Protokoll argumentiert Staffelt zudem, als Fraktionsvorsitzender sei er im Aufsichtsrat gewesen, habe jedoch nicht die Verantwortung eines Anteilseigners getragen. Pardon: Das ist absurd!
Die Aufklärung des Bankenskandals scheint nur noch auf juristischem Wege stattzufinden. Ist die Bank kein Politikum mehr?
Sie muss wieder ein Politikum werden. Die SPD muss sich mit den Verantwortlichen in ihren eigenen Reihen beschäftigen. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Untersuchungsausschusses tun dies, aber das reicht nicht: Klaus Wowereit muss die Aufarbeitung des Bankenskandals zur Chefsache machen. Das war übrigens ursprünglich Geschäftsgrundlage der rot-roten Koalition.
Warum, glauben Sie, ist Wowereit hier so passiv?
Er möchte sich damit nicht die Finger schmutzig machen, denn er käme ja zwangsläufig in Auseinandersetzungen mit eigenen Parteifreunden. Für sich persönlich reklamiert Wowereit die Gnade des späten Eintritts in die Landespolitik. Diese Strategie wird aber nicht aufgehen.
Ihre Partei war nicht am Aufbau der Bank beteiligt. Trotzdem scheint bei der PDS mit dem Eintritt in den Senat das Interesse an diesem Thema zu schwinden.
Eine der ersten Entscheidungen der rot-roten Mehrheit war ja die Risikoabschirmung für die Bankgesellschaft. Von Seiten des Bundesamtes für Bankenaufsicht wurden vor der Abstimmung Horrorszenarien gemalt. Die haben gedroht, wenn wir nicht zustimmen, werden alle Sparkassenfilialen geschlossen. Eine wunderbare Vorstellung: Es regiert Rot-Rot und schon gibt es kein Geld mehr. Wir haben der Risikoabschirmung mit einem mulmigen Gefühl zugestimmt, und dieses mulmige Gefühl hat uns bis heute nicht verlassen.
Verschleppt der Senat aus SPD und PDS die Aufklärung des Bankenskandals?
Nein. Aber an der einen oder anderen Stelle würde ich schon gerne ein bisschen mehr Druck sehen. Die Bank macht zurzeit den Eindruck, dass sie an der Aufklärung gar nicht interessiert ist. Alle Akten, die aus der Bank kommen, tragen den Stempel „vertraulich“. Die Bank legt Rechtsmittel ein gegen den Ausschuss, wenn der bestimmte Materialien anfordert. Das ist nicht hinnehmbar, hier muss der Senat als Eigentümer einschreiten.
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