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Vorwurf: Kriegsverbrechen

Folgende Fälle sind derzeit vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anhängig:

Demokratische Republik Kongo. Wegen der Rekrutierung von Kindersoldaten und anderer Kriegsverbrechen im nordöstlichen Distrikt Ituri von 2002/03 sitzen drei einstige Milizenführer Ituris in Haft. In Ituri wurden bei Kämpfen zwischen Milizen des Hema- und des Lendu-Volks zehntausende Menschen getötet und hunderttausende vertrieben. Thomas Lubanga, einstiger Führer der Hema-Miliz „Union Kongolesischer Patrioten“ (UPC) und seit 2006 in Haft, steht ab 26. Januar in Den Haag vor Gericht – der erste Prozess des Strafgerichtshofs. Die Anklage gegen ihn beschränkt sich auf den Einsatz von Kindersoldaten. Germain Katanga, Chef der gegen die UPC kämpfenden Lendu-Miliz FRPI (Kräfte des Patriotischen Widerstandes in Ituri), und Mathieu Ngudjolo, Chef der Lendu-Miliz FNI (Front der Nationalisten und Integrationisten), sind gemeinsam in Haft, vor allem wegen eines Massakers an Hema-Zivilisten im Ort Bogoro am 24. Februar 2003. Noch nicht vollstreckt wurde ein Haftbefehl wegen Rekrutierung von Kindersoldaten gegen Bosco Ntaganda, damals Kommandant im bewaffneten Flügel der UPC. Der Tutsi ist heute Militärchef von Rebellenführer Laurent Nkunda im Ostkongo und hat sich jüngst mit Nkunda zerstritten.

Uganda. Gegen fünf Angehörige der Führung der seit den Achtzigerjahren bis 2006 im Norden Ugandas kämpfenden Rebellenbewegung LRA („Widerstandsarmee des Herrn“) wurden im Juli 2005 Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen: gegen LRA-Chef Joseph Kony, seinen mittlerweile toten Stellvertreter Vincent Otti sowie die Kommandanten Okot Odhiambo und Dominic Ongwen. Ein weiterer Haftbefehl gegen den Kommandanten Raska Lukwiya wurde 2007 nach dessen Tod zurückgezogen. Die LRA kämpft mittlerweile im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo mit Rückzugsgebieten im Süden Sudans sowie in der Zentralafrikanischen Republik. Friedensvermittlungen sind bisher u. a. an der Frage gescheitert, ob eine von Uganda angebotene Amnestie sich auch auf die Den Haager Haftbefehle erstrecken könnte.

Zentralafrikanische Republik. Wegen Kriegsverbrechen 2002/03 bei der Bekämpfung von Rebellen, deren Führer François Bozizé seit 2003 Staatspräsident ist, nahm Den Haag 2007 nach mehrjähriger Prüfung Ermittlungen gegen die damalige Regierung und ihre Verbündeten auf. Im Mai 2008 wurde deswegen Kongos Oppositionsführer Jean-Pierre Bemba verhaftet. Bemba hatte 2002 den damaligen zentralafrikanischen Präsidenten Ange-Félix Patassé mit Kämpfern unterstützt.

Sudan. Wegen Kriegsverbrechen und Völkermord in der westsudanesischen Region Darfur erließ der Strafgerichtshof im Mai 2007 Haftbefehle gegen den sudanesischen Minister für humanitäre Angelegenheiten, Ahmad Muhammad Haroun, und einen früheren Führer regierungstreuer Janjaweed-Milizen, Ali Kushayb. Die Ermittlungen hatte 2005 der UN-Sicherheitsrat beschlossen. Im Juli 2008 beantragte der Chefankläger überdies Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten Omar Hassan el-Beshir wegen Völkermordes. Eine Entscheidung darüber steht noch aus. D.J.

Informationen: www.icc-cpi.int

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