: Profs fordern Zulassungsstopp
Ein Drittel aller Pflichtveranstaltungen im Fach Psychologie müssen im nächsten Semester ausfallen - weil die Dozenten fehlen. Planungskommission tritt zurück, Profs verlangen: weniger Erstsemester
Bremen taz ■ Sie sollen studieren, gut studieren, schnell studieren. Da sind sich alle einig. Bloß: Jede fünfte Veranstaltung, die dazu eigentlich angeboten werden müsste, gibt es nicht. Das hat die Fachkommission des Studiengangs Psychologie an der Bremer Universität ausgerechnet. Ab Herbst, wenn sich noch mehr Erstsemester in den Sälen drängeln, wird gar ein Drittel der nötigen Vorlesungen, Seminare und Übungen fehlen - es gibt keine Dozenten. “So geht das nicht weiter“, sagt der für die Lehre bei den Psychologen zuständige Professor Hans-Jörg Henning. Nahezu die komplette Fachkommission - sie soll die Veranstaltungen fürs Wintersemester planen - trat jetzt zurück.
“Die Fachkommission kann den derzeitigen Zustand der dramatischen Qualitätseinbußen nicht weiter verantworten“, begründen die Professoren ihren Rücktritt aus dem Gremium. Ein Gespräch Anfang des Monats sei, so heißt es, „auswegslos“ geblieben. Schuld an der Misere ist unter anderem die so genannte Kapazitätsverordnung, kurz: KapVO. Wie viele ProfessorInnen und Privatdozenten es gibt, wie viele Veranstaltungen bisher angeboten wurden, wird dort erfasst. Daraus berechnet sich die Zahl der Studienplätze, die eine Universität in einem bestimmten Studiengang anbieten muss. Ergebnis in Bremen im Fall Psychologie: Platz für etwa 180 Erstsemester jedes Jahr.
Mit der Realität, sagt Henning, hätten diese Zahlen wenig zu tun. Vier von 13 Professoren etwa sind bei den Psychologen letzten Herbst in Ruhestand gegangen. Eine einzige Professur und eine Juniorprofessur sollen dafür Ersatz leisten. Nur: Der Juniorprofessor kommt erst im Herbst, lehrt nur vier statt acht Stunden die Woche, und die Professorenstelle ist noch nicht einmal besetzt. Für die Kapazitätsberechnung nach KapVO spielt das alles keine Rolle. Sie geht nach wie vor von 13 Professuren aus.
Panne auch bei den Privatdozenten, die an der Bremer Uni habilitiert haben. Offiziell und für die KapVO halten sie zwei Lehrstunden pro Semester. Real setzen sie dagegen jedes zweite Semester aus. Dieses Recht gesteht ihnen die Bremer Habilitationsordnung zu. Selbst wenn Professoren freiwillig mehr Veranstaltungen anböten, sagt Henning, nütze das nichts. Das nämlich zähle als Kapazitätserhöhung - und im nächsten Jahr würden der Uni dann schlicht noch mehr Erstsemester zugewiesen. An Nachfrage nach Plätzen mangelt es nicht: Allein ins Fach Psychologie versuchten sich 2003 knapp hundert Studienanfänger einzuklagen.
Dabei sind die Hörsäle heute schon übervoll. In manchen Seminaren drücken 90 Leute die Bank. „Da werden dann Referate zu acht gehalten“, sagt Philip Beuse von der Fachschaft. In nach der Studienordnung verpflichtend vorgeschriebene Praktika kam ein Teil der Studis erst nach Protest hinein - die Teilnehmerzahl wurde ausnahmsweise erhöht. „Wenn die Uni auf Leute steht, die schnell studieren, dann soll sie bitte dafür sorgen, dass dies auch möglich ist“, schimpft ein Student, der wegen überfüllter Seminare sein Vordiplom um ein halbes Jahr verschieben musste.
In einem Brief ans Rektorat hat die Fachkommission schon zum äußersten Mittel gegriffen und einen Zulassungsstopp verlangt - unmöglich, findet Beuse: „Wir wollen ja nicht, dass unten abgeschnitten wird, damit es uns besser geht.“ A. Simon
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