: Eine reine Geschmacksfrage
Bau- und Kulturausschuss hörte gestern Experten zum Thema Spielbudenplatz auf St. Pauli. Meinungen zu den Koons-Kränen gingen dabei meilenweit auseinander
Die gestrige Anhörung des Bau- und Kulturausschusses zum Spielbudenplatz hat deutlich gemacht, dass keiner Hemmungen haben sollte, über Sinn und Unsinn des Projekts mitzudiskutieren. So gegensätzlich waren die Argumente der Experten, dass der künstlerische Laie kaum fürchten muss, sich mit seinen Überlegungen zu blamieren.
Das begann mit der Frage, ob ein solches Kunstwerk wie die Kräne des Jeff Koons mit den Gummitierchen überhaupt Gegenstand einer demokratischen Entscheidung sein könne. Martin Köttering, Präsident der Hochschule für bildende Künste (HfbK) meinte nein und lobte den Mut von Schill-Bausenator Mario Mettbach, einen Künstler mit einem derartigen städtebaulichen Eingriff zu beauftragen. Allenfalls sei die Betreuung des bisherigen Entscheidungsprozesses „nicht ideal“ gewesen.
Armin Sandig von der Freien Akademie der Künste bezeichnete Kötterings Haltung als einen Skandal. Bei einem Vorschlag für einen öffentlichen Platz müsse es zuerst um die Menschen, die dort lebten gehen, dann um die Tourismus-Werbung, die sich viele Diskutanten von dem Koons-Projekt versprechen. „Eine Provokation hat auf einem öffentlichen Platz nichts zu suchen“, sagte Sandig.
Zuvor hatte Anwohner und Theatermacher Corny Littmann die Meinung von 200 Anwohnern gegenüber 20 Millionen Touristen für irrelevant erklärt: „Das ist kein Ruheplatz für die St. Paulianer.“ Während Kunsthallen-Chef Uwe Schneede Koons als „den international interessantesten Künstler für diese Aufgabe“ bezeichnete, erklärte der Kunsttheoretiker Michael Lingner den Amerikaner zu einem Repräsentanten der 80er Jahre. „Selbst von den Befürwortern habe ich nur verhaltene Zustimmung gehört“, sagte Lingner. Koons Kunstwerk sei keinesfalls so provokant und mutig, wie es die breite öffentliche Debatte suggeriere. Angesichts des Rufs, den Hamburg bei der Kunst im öffentlichen Raum zu verlieren habe, zog er das Resümee: „Es ist nicht gut genug, weil Hamburg damit eine Chance vergäbe.“
Die geforderte Begeisterung brachte der Architekt Jan Störmer auf, der sich als „absoluter Befürworter“ outete und die einmalige Chance erkannte, „in einer Stadtsilhouette etwas von einer solchen Dimension zu platzieren“. Er verbindet den Vorschlag mit Aufbruch, Freude und Ironie, einer „außerordentlich positiven Bewegung“. Stadtplaner Bernhard Winking dagegen bezweifelte, dass Koons Idee auf Dauer faszinieren könne und schlug vor, sie befristet zu verwirklichen. Der Architekt Bernd Gundermann erkannte einen „Konflikt zwischen der Autonomie des Künstlers und der Identität und Dauer der Stadt“.
Klar ist nur eins: Das Ding könnte gebaut werden. Das zumindest versicherte ein Bauingenieur. GERNOT KNÖDLER
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