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„Nicht en vogue“

Urabstimmung bei den Berliner Grünen über Amt und Mandat wird wohl abgeblasen. Der Rücklauf bei Unterschriftensammlung sei „etwas dünn“

von STEFAN ALBERTI

Bei den Berliner Grünen wird es in absehbarer Zeit offenbar doch keine eigene Urabstimmung zur umstrittenen Trennung zwischen Amt und Mandat geben. Jürgen Roth, Kreisvorständler in Tempelhof-Schöneberg und treibende Kraft hinter einer solchen Abstimmung, sagte gestern der taz: „Beschlossen ist noch nichts, aber es sieht so aus, als ob wir das Projekt vorerst fallen lassen.“

Die Kreisspitze um Roth hatte im Mai eine Unterschriftensammlung für eine Satzungsänderung angestoßen. Wie bei der erfolgreichen Abstimmung auf Bundesebene war das Ziel, dass zukünftig auch ein Drittel der Mitglieder des Berliner Parteivorstands zugleich Parlamentarier sein können.

Jedes zehnte Mitglied von derzeit rund 3.500 im Landesverband hätte unterschreiben müssen, um eine Abstimmung darüber zu erzwingen. Das ließ die Sache nach einem Selbstläufer aussehen, da allein der Kreisverband Tempelhof-Schöneberg 500 Mitglieder hat. Schon gegen Ende Mai schätzte Roth, dass die 350 notwendigen Unterschriften zur Hälfte beisammen wären.

Knapp sechs Wochen später aber haben nach seinen Angaben erst 250 Mitglieder das Begehren für eine Urabstimmung unterschrieben. „Offensichtlich ist die Sache nicht en vogue“, sagt Roth, „der Rücklauf war etwas dünn.“ In einem Kraftakt hätte man die notwendigen Unterschriften zwar wohl noch zusammenbekommen. Doch selbst bei Befürwortern einer Satzungsänderung stellte Roth beschränktes Engagement fest. Inhaltliche Fragen ordnete er mit Blick auf die nächsten Landesdelegiertenkonferenzen derzeit wichtiger ein als die Satzungsänderung.

Dieses Argument hatten bislang stets die Gegner einer Urabstimmung vorgebracht. Die Partei habe nach zurückliegenden Diskussionen über dieses Thema keinen Bedarf mehr an Satzungsdebatten, war von den Landeschefs Almuth Tharan und Till Heyer-Stuffer zu hören. Beide verwiesen auf einen im Februar beschlossenen Kompromiss. Der Vorstand ist demnach zwar weiter tabu für Abgeordnete, nicht aber ein neuer erweiterter Vorstand. Widerstand kam auch von der Grünen Jugend. Deren Landeschefin Johanna Rothe warnte jüngst vor „Machtballung“ bei Aufgabe der Trennung.

Eine weitergehende Satzungsänderung hatte 2002 bei einem Landesparteitag die nötige Zweidrittelmehrheit weit verfehlt. Eine solche Mehrheit ist auch bei einer Berliner Urabstimmung nötig, anders als auf Bundesebene: Dort reicht die einfache Mehrheit. Landeschef Heyer-Stuffer hatte die Aktion daher „verlorene Liebesmüh“ genannt.

Die Unterschriftensammler um Roth lassen sich jedoch ein Türchen offen: Anders etwa als beim SPD-Mitgliederbegehren gegen die Agenda 2010, das am 11. Juli ausläuft, können sie zu jeder Zeit weiter sammeln und doch noch eine Urabstimmung erreichen. „Wenn wir jetzt aufhören“, sagt Roth, „heißt das nicht, dass wir auf Dauer aufgeben.“

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