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Die Peiniger entschuldigen sich

Der 18-jährige Berufsschüler, den seine Mitschüler drei Monate lang gequält und gedemütigt haben, nimmt im Gerichtssaal die ausgestreckten Hände an. Absprachen der Beteiligten ersparen es dem Opfer, die Taten noch einmal öffentlich zu erleiden

AUS HILDESHEIM JÜRGEN VOGES

Einer nach dem anderen trat vor. Sie streckten ihrem Opfer, einem 18-jährigen Berufsschüler, die Hand entgegen, um sich öffentlich zu entschuldigen. Und der junge Mann, der monatelang von seinen Schulkameraden gequält und gedemütigt worden war, nahm die Entschuldigungen an. Mit dieser Szene setzte sich gestern der Prozess gegen elf Berufsschüler fort, deren per Video aufgenommene Taten erstmals Einblicke in die brutale Schulrealität ermöglicht hatten.

Einen langwierigen Prozess wollte die Jugendkammer des Landgerichts Hildesheim aber unbedingt vermeiden. Daher hatten sich Verteidiger, Anklage und die Kammer unter Vorsitz von Richter Konrad Umbach schon am ersten Prozesstag auf ein zügiges Verfahren verständigt. Am gestrigen zweiten Verhandlungstag brauchten alle Angeklagten zusammen nur rund eine Stunde, um ihre Geständnisse abzulegen. Einzelheiten der Quälereien des heute 18-jährigen Opfers durch die gesamte übrige Berufsgrundbildungsklasse waren nicht mehr gefragt.

Das ersparte auch dem Opfer einen Bericht über sein Martyrium. Der 18-Jährige gab lediglich über die körperlichen und seelischen Folgen der Misshandlungen Auskunft. Wie er sagte, habe er keine bleibenden körperlichen Beeinträchtigungen davongetragen. Er befinde sich aber weiter in psychotherapeutischer Behandlung.

Zu 26 Einzeltaten hatte die Anklage die Geschehnisse in der Klasse an der Hildesheimer Werner-von-Siemens-Schule zusammengefasst und diese als gefährliche Körperverletzung, Nötigung und in zwei Fällen auch als räuberische Erpressung und Sachbeschädigung eingestuft. Die einzelnen Taten, bei denen das Opfer geschlagen, getreten oder gezwungen wurde, sich zu entblößen, soll nicht die ganze Klasse, sondern sollen kleine Gruppen von jeweils drei bis fünf Mitschülern begangen haben. Bei ihren gestrigen Geständnissen hatten die elf Angeklagten nur noch zu erklären, welche der ihnen konkret zur Last gelegten Einzeltaten sie einräumen würden. Sieben Angeklagte taten dies selbst. Vier ließen ihre Verteidiger für sich sprechen. So berichteten es übereinstimmend die Anwälte und auch ein Gerichtssprecher in den Pausen der nichtöffentlichen Verhandlung.

Vorwürfe wegen Taten, welche die Angeklagten nicht zugaben, wurden fallen gelassen. Bei zwei von ihnen führte dies nach Informationen der taz am Ende zu einer gänzlichen Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld. Einer muss als Auflage ein Seminar zur Gewaltprävention besuchen.

Sein Urteil will die Jugend kammer des Landgerichts am kommenden Mittwoch sprechen. Drei Hauptangeklagte befinden sich noch in Untersuchungshaft. Die Prozessparteien verständigten sich am ersten Verhandlungstag nicht nur auf Geständnisse und ein kurzes Verfahren, sondern auch auf einen Strafrahmen. Ein Verteidiger sagte, die Staatsanwaltschaft habe bei drei Angeklagten Jugendstrafen von 18 bis 22 Monaten ohne Bewährung gefordert.

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