: WAS BISHER GESCHAH – VON „KERNEUROPA“ ZUR „GROSSUNION“
Europa ist Joschka Fischers große Leidenschaft. Sie war es schon, bevor er 1998 Außenminister wurde. Das hat viel mit dem eigentlichen Fluchtpunkt seines politischen Denkens zu tun: mit Auschwitz. Die Einbettung Deutschlands in Europa – darin sah Fischer jahrelang die Garantie dafür, dass sich Auschwitz nicht wiederholen wird. Je länger jedoch die deutsche Vergangenheit zurückliegt, je „normaler“ Deutschland wird, desto mehr weitet sich Fischers europäischer Blick. Im Jahre 2000 hielt er seine berühmte Humboldt-Rede in Berlin. Fischer plädierte für ein „Kerneuropa“, für einen „europäischen Gravitationskern“, notfalls auch außerhalb der geltenden EU-Ordnung. Diese Rede hat den Zauderern in Europa auf die Sprünge geholfen. Viele glauben sogar, dass ohne diese Drohung mit einem deutsch-französischen Kern die Briten nie über eine Europäische Verfassung mitverhandelt hätten. Dieses Kerneuropa nennt Fischer plötzlich verächtlich „Klein-Europa“. Die Erfahrungen des Irakkrieges und die Herausforderungen angesichts des islamistischen Terrors haben ihn davon überzeugt, dass nur ein Großeuropa unter Einschluss der Türkei eine Zukunft hat. Er nennt das die „strategische Dimension“ Europas. Anfang März erläuterte Fischer seine neue Vision in zwei großen Interviews. „Die klein-europäischen Vorstellungen funktionieren einfach nicht mehr“, sagte er. Nur Russland, China, Indien und natürlich die USA hätten bisher die notwendige Größe. J.K. FOTO: MARCO URBAN
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