: Kostengünstig durch’s Mittelfeld
Der Hamburger SV hat während der Winterpause der Fußball-Bundesliga durch Spieler-Verkäufe sehr viel Geld verdient. Aber das Geld bleibt fast vollständig auf der Bank – nicht zuletzt, weil unklar ist, welchen Tribut die Wirtschaftskrise fordern wird
Hire-and-Fire auch beim HSV. Sechs Neue holt der Hamburger Sport-Verein und investiert doch nur einen kleinen Teil des Erlöses, den die Transfers von Nigel de Jong zu Manchester City (20 Millionen Euro) und Thiago Neves zu Al-Hilal in Saudi Arabien (sieben Millionen Euro) gebracht haben. Das Geld bleibt auf der Bank. Nicht zuletzt, weil man nicht weiß, was mit der HSH Nordbank wird. Bleibt sie Namenssponsor des Stadions?
Für den defensiven Mittelfeldspieler de Jong kommt der 26-jährige Franzose Mickaël Tavares, Nationalspieler der Kapverdischen Inseln, der zuletzt bei Slavia Prag spielte, und beim Uefa-Pokalspiel gegen den HSV aufgefallen war. Er wird für 1,5 Millionen Euro gekauft. Ein defensiver Mittelfeldspieler ist auch Tomás Rincón, 21, venezolanischer Nationalspieler, der für 200.000 Euro von Deportivo Tachira ausgeliehen wird.
Beim Spiel gegen den FC Bayern München brach sich Innenverteidiger Bastian Reinhardt, der sich in Vertragsverhandlungen mit dem HSV befand, den Mittelfuß und fällt drei Monate aus. Der HSV reagierte sofort und leiht den Dänen Michael Gravaard, 30, vom FC Nantes aus. Der HSV hatte auch Kontakt mit dem Wolfsburger Alexander Madlung, der aber im Gegensatz zu Gravaard nicht im Uefa-Pokal hätte eingesetzt werden dürfen. So wechselt Madlung zu Hannover 96, dort sucht Trainer Dieter Hecking händeringend einen Innenverteidiger. Auch der Ex-HSVer Khalid Boulahrouz, beim VfB Stuttgart kein Stammspieler, war in der Verlosung, doch in den Verhandlungen mit den Schwaben konnte keine Einigung erzielt werden. Ohne Leihgebühr wollte Manager Horst Heldt das Geschäft nicht machen.
Für Thiago Neves, mit dem der HSV und der mit dem HSV nicht glücklich wurde, kommt der 26-jährige Marcel Ndjeng, der von Borussia Mönchengladbach ausgeliehen wird. Klar ist, dass Trainer Martin Jol weiterhin ohne einen klassischen Zehner, also ohne einen Regisseur, spielen will. Umso wichtiger für das Spiel nach vorne sind die linken und rechten Mittelfeldspieler. Der HSV hat bei Gladbach wegen des Reservisten Marko Marin angefragt, der als großes Talent gilt, aber nicht ins Konzept von Gladbachs Trainer Hans Meyer passt. Der HSV holte sich für den Moment eine Absage, wird aber wohl in der Sommerpause eine weitere Initiative starten.
So kommt nun Albert Streit, 28 Jahre alt, für die rechte Seite, weil offensichtlich nicht ganz klar ist, ob Romeo Castelen nach seinen Verletzungen wieder auf die Füße kommt. Streit hat den Ruf, schwierig zu sein. Er kam nach seinem Wechsel von Frankfurt zu Schalke im Revier nicht zu Recht. Zu Saisonbeginn wurde er von Trainer Fred Rutten in die zweite Mannschaft verbannt.
Die größte Transfer-Überraschung heißt Khalid Sinouh, ist Marokkaner, 33 Jahre und steht im Tor. Ein Konkurrent für den zweiten Torwart Wolfgang Hesl. Jol kennt ihn aus gemeinsamen Zeiten beim RKC Waalwijk.
So, wie dem HSV weht tut, wenn de Jong geht, schmerzt es die anderen, wenn ihnen Tavares und Rincón weggeholt werden. So ist Hire-and-Fire.
ROGER REPPLINGER
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