piwik no script img

Die Hoffnung liegt im Norden

In diesem Jahr gibt es weniger Miniermotten an Rosskastanien. Das soll am strengen Winter liegen. Ihre Ausbreitung ist aber kaum zu stoppen, weil kein Gegenmittel existiert

BERLIN taz ■ Eine gute Nachricht über die Rosskastanien liest sich inzwischen so: Der Befall der Blätter des Baumes durch die wenige Millimeter große Miniermotte ist zurückgegangen. Die ersten kahl gefressenen Blätter fallen in diesem Jahr nicht schon im Frühling aus den Kronen, sondern erst ab Sommer.

Das hat zumindest die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald beobachtet. Und vielleicht haben die Rosskastanien in diesem Jahr sogar die Chance, den Herbst mit einigermaßen grünen Baumkronen zu erleben, sagt Sprecherin Sabine Krömer-Butz. Dass die Fresserei der Schädlinge in diesem Jahr nicht so heftig ist, liegt laut Schutzgemeinschaft am strengen Winter, der die Motten dezimiert habe.

Auch wenn die Mottenscharen gelichtet sein sollen, an ihrer rasanten Ausbreitung in Deutschland und Europa wird das nichts ändern, so die Meinung vieler Experten. Generell seien, so Forstfachmann Rolf Kerr von der Biologischen Bundesanstalt, in den vergangenen Jahren vermehrt Schädlinge nach Europa eingewandert. Einen Grund dafür sieht Kerr in der Klimaerwärmung. „Die Bedingungen für Schädlinge sind durch wärmere Sommer und relativ milde Winter besser geworden.“ Das neueste Schreckgespenst scheint die Wollige Napfschildlaus zu sein, die vermutlich aus Asien eingewandert ist und in diesem Jahr massenhaft über Bäume in deutschen Städten herfällt.

Die Miniermotte scheint seit 1987 auf ihrem Weg von Mazedonien über den Balkan nach Mitteleuropa keine Grenzen zu kennen. In Deutschland breitet sie sich seit 1992 von Bayern aus. Seitdem erweitert sie ihre Gebiete nach Westen und Norden etwa 70 bis 100 Kilometer im Jahr, sagt Jona Freise vom niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves). Auch im ukrainischen Kiew sind die ersten Exemplare gesichtet worden. In den nächsten Jahren sieht Freise die Miniermotte auch in den skandinavischen Ländern und in Großbritanien, wo erste Exemplare bei Wimbledon aufgetaucht sein sollen.

Ein wirksames Mittel gegen die Miniermotte ist nicht in Sicht. Wir werden wohl mit dem Schädling leben müssen, sagt Jona Freise. Als größter Hoffnungsträger galt bislang die Schlupfwespe, die als natürlicher Gegenspieler auf die Blattfresser angesetzt werden sollte. Doch in den von der Motte befallenen Gebieten habe sich keine geeignete Art befunden. Wenn sich im Norden aber eine Schlupfwespenart fände, die auf die Miniermotte scharf ist, dann könnte die Retourkutsche Richtung Süden rasen. MARIUS ZIPPE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen