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„Ich war nie ein Muslimbruder“

Nadeem Elyas, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, wehrt sich gegen Islamismus-Verdacht. Laut NRW-Verfassungsschutz soll er ein Repräsentant der islamistischen Muslimbruderschaft sein. Jetzt kämpft Elyas um sein Ansehen als Dialogpartner

von YASSIN MUSHARBASH

Gewöhnlich spricht Nadeem Elyas mit sanfter, freundlicher Stimme. Kommt die Rede aber zum Beispiel auf Hartwig Möller, den Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, wird die Stimme des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime (ZMD) etwas lauter. Möller bezeichnete Elyas in der ARD-Sendung „Report aus Mainz“ kürzlich als „Repräsentant der Muslimbruderschaft“. „Wer so etwas behauptet, soll das belegen“, sagte Elyas der taz. Der 57-Jährige versichert: „Ich war nie ein Mitglied der Muslimbruderschaft.“ Der ZMD prüft zurzeit die Möglichkeit einer Gegendarstellung.

Die Auseinandersetzung ist der jüngste Akt einer Diskussion, die um Nadeem Elyas kreist, seit dieser 1994 den ZMD mitbegründete und dessen Vorsitz übernahm: Immer wieder wird ihm vorgeworfen, Mitglied der Muslimbruderschaft zu sein – jener international agierenden islamistischen Organisation also, deren Ziel die Errichtung eines streng islamischen Gemeinwesens ist. Der Grund: Die „Islamischen Zentren“ (IZ), die es in verschiedenen Städten gibt und die im ZMD organisiert sind, gelten einigen Experten und Verfassungsschützern als Filialen der Muslimbrüder. Elyas war bis 1982 Mitglied im IZ München und danach des IZ Aachen. Allerdings gibt es bis heute keine öffentlich zugänglichen Beweise für die Verbindung der IZ zur Bruderschaft. Auch in dem „Report“-Beitrag wurden keinerlei Belege präsentiert. Für Elyas kommt die Sendung deshalb „Rufmord“ gleich. Er sieht „die Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt“ und fürchtet um seine eigene Glaubwürdigkeit, die seines Verbandes und die seiner Dialogpartner.

Der aus Saudi-Arabien stammende Frauenarzt, der 1964 als 19-Jähriger nach Deutschland kam, ist der in der Öffentlichkeit präsenteste Muslim des Landes. Sein Büro in Eschweiler ziert ein Bild, das ihn mit Bundespräsident Johannes Rau zeigt. Mit Ignatz Bubis erhielt er 1999 den alternativen Aachener Friedenspreis für seine Dialogarbeit.

Diese Anerkennung ist hart erarbeitet: Unter Elyas’ Federführung erfand der ZMD, der 500 der rund 2.500 deutschen Moscheen umfasst, etwa den „Tag der offenen Moschee“. Elyas war auch die treibende Kraft hinter der „Islamischen Charta“, in der der ZMD seine Ideen vom Zusammenleben mit der Mehrheitsgesellschaft formulierte und die als Diskussionsgrundlage allgemeine Zustimmung fand. Bekenntnisse zum Grundgesetz und Absagen an Gottesstaat, Terrorismus und die Scharia in Deutschland hat Nadeem Elyas so oft vorgelegt, dass er sie kaum noch zählen kann.

Elyas ist es so gelungen, die meisten seiner Gesprächspartner in Kirchen, Parteien und Behörden von seiner Integrität zu überzeugen. Es gibt aber Verfassungsschützer und IslamwissenschaftlerInnen wie etwa Ursula Spuler-Stegemann, die Elyas wegen einiger seiner Positionen für „fundamentalistisch“ halten, für einen Mann, der eigentlich etwas ganz anderes wolle, als er öffentlich beteuere. Sicher ist: Der ZMD-Chef steht für einen konservativ-orthodoxen Islam, der liberalen Auslegungen gegenüber wenig aufgeschlossen ist.

Allerdings ist Elyas nicht mit den spät in ihrem Leben ideologisierten Islamisten vergleichbar, die man gemeinhin in den einschlägigen Organisationen antrifft. Elyas wuchs in den 50er-Jahren buchstäblich im Schatten der großen Moschee von Mekka auf. Als Schüler erledigte er seine Hausaufgaben in dieser wichtigsten Gebetstätte der islamischen Welt, als Jugendlicher hörte er dort den Rechtsgelehrten zu, wie sie vom Leben des Propheten in dieser Stadt berichteten. Näher an den Wurzeln des traditionellen Islams kann man nicht aufwachsen.

„So etwas prägt“, sagt Elyas, und diese emotionale Bindung spiegelt sich auch in seinen Positionen wider: Wie hält er es etwa mit dem Kopftuch? „Eine Vorschrift. Es gab in der islamischen Geschichte nie eine andere maßgebliche Ansicht“, findet Elyas, im Gegensatz zu anderen europäischen Muslimen. Auch eine klare Distanzierung vom intoleranten wahhabitischen Islam Saudi-Arabiens, wie sie progressive europäische Muslime fordern, ist Nadeem Elyas nicht zu entlocken – selbst wenn dies sein Plädoyer für die deutsche Verfassung zwangsläufig verwässert. Dieser Widerspruch bleibt, auch wenn Nadeem Elyas kein Muslimbruder ist.

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