: Taylor geht, Krieg bleibt
Liberias Präsident dankt ab und übergibt die Macht an seinen Stellvertreter Moses Blah. Rebellen lehnen das ab und wollen weiterkämpfen. Verwirrung um Taylors angekündigten Gang ins Exil
MONROVIA ap/taz ■ Liberias Präsident Charles Taylor hat gestern absprachegemäß sein Amt niedergelegt. In einer um mehrere Stunden verzögerten Zeremonie im Präsidentenpalast in Liberias Hauptstadt Monrovia reichte Taylor gestern Nachmittag seinem Nachfolger und bisherigem Stellvertreter Moses Blah die Hand, um die Amtsübergabe zu besiegeln.
Eigentlich sollte die Zeremonie bereits um eine Minute vor 12 Uhr beginnen. Rund um den von nigerianischen und südafrikanischen Soldaten bewachten Palast warteten zahlreiche Liberianer schon seit Stunden darauf. Die Amtsübergabe verzögerte sich offenbar durch die verspätete Anreise der westafrikanischen Delegationen. Die Staatschefs von Südafrika, Ghana, Mosambik, der Premierminister von Togo sowie Nigerias Außenminister nahmen an der Zeremonie teil. „Wir erwarten, dasss der Krieg in Liberia heute zu Ende gegangen ist“, sagte Ghanas Präsident John Kufuor.
Am Sonntag hatte Taylor sich in einer emotionalen Abschiedsrede im Rundfunk als „Opferlamm“ bezeichnet. Er verglich sich mit Jesus, der sich den Römern ergab. „Ich höre nicht aus Angst auf“, erklärte Taylor. „Ich höre aus Liebe zu euch, meinen Landsleuten, auf.“
Die Rebellen drohten gestern jedoch mit einer Wiederaufnahme der Kämpfe, falls Taylor nicht sofort ins Exil gehe. Taylor hat zwar das Angebot Nigerias angenommen, ihm Asyl zu gewähren, seinen Ausreisetermin aber offen gelassen. Mitarbeiter des nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo, der nicht zu der Amtsübergabe anreiste, erklärten, Taylor werde erst am kommenden Montag in Nigeria erwartet. Nigerianische Zeitungen berichten sogar, Taylor werde aus Nigeria sofort nach Libyen weiterfliegen.
Die Rebellen lehnen Taylors Nachfolger Blah ab und fordern einen neutralen Staatschef. Über eine neutrale Interimsregierung für Liberia wird derzeit bei Friedensverhandlungen in Ghanas Hauptstadt Accra diskutiert. Die Gespräche sollen am Mittwoch enden. D. J.
brennpunkt SEITE 4meinung und diskussion SEITE 9
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen