: Deal zwischen den USA und der EU
Im WTO-Agrarstreit verkünden USA und EU eine „Grundsatzeinigung“. Aber auch sie dürfte scheitern. Denn die Länder des Südens fühlen sich weiterhin benachteiligt
GENF taz ■ Knapp vier Wochen vor der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) im mexikanischen Cancún haben Unterhändler der USA und der EU in der Genfer WTO-Zentrale gestern eine „Grundsatzvereinbarung“ im Agrarstreit zwischen den beiden wirtschaftsstärksten WTO-Mitgliedern verkündet. Ob diese Vereinbarung über allgemeine politische Absichtserklärungen hinaus konkrete Modalitäten oder gar Zahlen und Fristen für die Reduzierung von Exportsubventionen und Einfuhrzöllen enthält, wurde zunächst nicht bekannt. Am Abend sollte die Vereinbarung den anderen 144 WTO-Mitgliedern vorgelegt werden. Der am Montagabend in Genf veröffentlichte gemeinsame Vorschlag von USA, EU und Kanada zur drastischen Zollsenkung für nichtlandwirtschaftliche Güter stieß unterdessen bei Ländern des Südens auf massive Kritik.
Seit Anfang August hatten Washington und Brüssel in bilateralen Verhandlungen versucht, einen Kompromiss zu finden zwischen ihren bislang gegensätzlichen Vorschlägen zur Minderung von Exportsubventionen und Importzöllen für Agrarprodukte, die beide in der EU (wie auch in Japan) bislang rund doppelt so hoch sind wie in den USA. Washington verlangte, die Subventionen und Zölle für sämtliche Agrarprodukte auf ein für alle Beteiligten gleiches Prozentniveau abzusenken.
Die EU plädierte hingegen für proportionale Reduktionen, die die Unterschiede zwischen der EU und den USA belassen hätten. Zudem wollte die EU Differenzierungsinstrumente behalten, um in Einzelfällen Produkte aus europäischer Produktion höher subventionieren zu können oder die Zölle für Importe aus bestimmten armen Ländern des Südens weiter abzusenken. So soll ihnen der Zugang auf den EU-Markt erleichtert werden. Eine Einigung zwischen Brüssel und Washington auf die Modalität für künftige Reduzierungen oder gar auf konkrete Prozentzahlen sowie Fristen für die Umsetzung galt in Genf bis gestern als höchst unwahrscheinlich. Doch selbst wenn dies gelungen sein sollte, dürften die von Washington und Brüssel angepeilten Reduktionen deutlich hinter dem Vorschlag zurückbleiben, den der Vorsitzende des WTO-Agrarverhandlungsausschusses, Stuart Harbinson, im Frühjahr nach monatelangen Konsultationen mit allen 146 Mitgliedern vorgelegt hatte. Auch dieser Vorschlag war ein Kompromiss, der nach Ansicht vieler Länder des Südens sowie der „Cairns“-Gruppe 14 führender Agrarexporteure wie Australien, Kanada, Brasilien viel zu stark von den Interessen der EU, der USA und Japans geprägt war. Somit dürfte der Versuch der USA und der EU, ihre gestern erzielte Vereinbarung zur Grundlage der Abschlusserklärung von Cancún zu machen, scheitern.
Brasilien erklärte gestern, solange Washington, Brüssel und Tokio keine akzeptablen Vorschläge im Agrarbereich vorlegten, sei der am Montag von den USA, der EU und Kanada unterbreitete (sowie von Japan „zu 90 Prozent unterstützte“) Vorschlag zur drastischen Verringerung von Zöllen für Industriegüter „nicht diskutierbar“. Mexikos WTO-Unterhändler, Eduardo Pérez Motta, nannte den Vorschlag „äußert aggressiv“. Er treffe „in erster Linie die Entwicklungsländer“. ANDREAS ZUMACH
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